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Aus 6 mach 12 - Die Geburtsstunde der modernen NHL

Die erste Saison nach der „Verdopplung“ der Liga: NHL-Legende Gordie Howe (Mitte) von den Detroit Red Wings im Spiel am 26. Oktober 1967 gegen die California Seals. (Foto: dpa/picture alliance/AP Photo)

Die National Hockey League gilt zurecht als die beste Eishockeyliga der Welt. Seit nunmehr über 100 Jahren wird um die einst von Lord Stanley gestiftete Trophäe gekämpft und gefeilscht. Aktuell gehen 31 Teams, aufgeteilt in zwei Conferences und vier Divisions, jedes Jahr in das Rennen um den begehrtesten Titel, den die Eishockeywelt zu bieten hat. Doch das war nicht immer so - zu Zeiten der Original Six waren es nur deren sechs Mannschaften, die den Stanley-Cup unter sich ausmachten. Das Jahr 1967 sollte in dieser Hinsicht zum Wendepunkt werden...

In den 30er Jahren war die NHL geprägt von wechselnden Mannschaften, nur selten traten in zwei aufeinanderfolgenden Spielzeiten die exakt selben Teams an. Die Ursachen waren vielfältig - handelte es sich teils nur um Umbenennungen, wie etwa in Detroit als zur Saison 1932/33 aus den Falcons die Red Wings wurden, so waren auch Umzüge von Teams oder gar komplette Rückzüge auf der Agenda. Ein Beispiel für ersteres Phänomen ist das Team aus Ottawa, das 1934 nach St. Louis zog. Die Philadelphia Quakers, die 1930 aus den Pittsburgh Pirates hervorgingen, traten nach nur einer Spielzeit nicht mehr an. Auch andere Clubs wie etwa die Montreal Canadiens - mit Gründung 1909 die französisch/frankokanadisch angelehnten „Canadiens de Montreal" - standen kurz davor, verkauft zu werden, in diesem und auch anderen Fällen konnten die Pleite bzw. der Umzug aber vermieden werden.

Ab 1938/39 traten nunmehr bloß sieben Teams in der NHL an. Nach der Saison 1941/42 gaben dann auch die Brooklyn Americans den Spielbetrieb auf, nachdem es zu Streitigkeiten bezüglich der Nutzung des Madison Square Gardens in New York gekommen war. So stand die NHL erneut mit nur noch sechs Mannschaften da...

Mehr Konstanz, was die Besetzung der Liga anging, war das Gebot, und so machte man aus der Not eine Tugend: Die nach Ende der Saison 1942 noch vertretenen Mannschaften sollten vorerst die einzigen Mitglieder der National Hockey League bleiben - dieser erlesene Kreis bestand aus den Boston Bruins, Chicago Blackhawks, Detroit Red Wings, New York Rangers, Montreal Canadiens und Toronto Maple Leafs. Es begann das Zeitalter der „Original Six"!

Der Beginn dieser neuen Ära des nordamerikanischen Eishockeys gestaltete sich aufgrund des zweiten Weltkrieges sehr schwierig. Zahlreiche Spieler der sechs NHL-Teams wurden eingezogen. Besonders hart erwischte es dabei die New York Rangers, denen unmittelbar vor dem Start der Spielzeit 1943/44 nur sechs Spieler zur Verfügung standen, weshalb sogar Trainer Frank Boucher höchstpersönlich noch einmal die Schlittschuhe schnürte. Auch die berühmte „Kraut Line" der Boston Bruins verließ ihr Team, um in den Krieg zu ziehen.

Den ersten Stanley-Cup im Rahmen der Original Six gewannen die Detroit Red Wings, die im Finale die Boston Bruins per Sweep bezwangen. Diese Spielzeit brachte auch eine Regeländerung mit sich, die das Spiel tiefgreifend veränderte: War bereits Ende der 30er Jahre die Icing-Regel eingeführt worden, so wurde das Spielfeld nun in der Mitte durch eine rote Linie geteilt. Zuvor war es Mannschaften im Spielaufbau nicht erlaubt, die blaue Linie zwischen dem eigenen Drittel und der neutralen Zone durch einen Pass zu überqueren, der Puck musste immer von einem Spieler überführt werden. Dies war nun erlaubt, insofern der Pass vor der nun neuen roten Mittellinie von einem Mitspieler angenommen wurde. Durch diese Änderung wurde das Spiel schneller und auch der Schnitt an Toren pro Begegnung erhöhte sich.

Mit Kriegsende 1945 kehrten viele Spieler zurück in den eiskalten Sport und die Liga erlebte einen Qualitätsschub. Vor allem die Toronto Maple Leafs, die in jenem Jahr bereits den Stanley-Cup gewonnen hatten, schienen davon zu profitieren: Während die ersten Jahre bis 1946 keine Mannschaft ihren Titel verteidigen konnte, schafften es die Kanadier von 1947 bis 1949 dreimal in Folge die begehrte Trophäe zu gewinnen.

Neben den teilnehmenden Mannschaften blieb auch der Modus unverändert. Die Anzahl der Spiele vermehrte sich zwar im Laufe der Jahre von zunächst 50 auf 60 und später 70, es wurde jedoch immer in einer Gruppe und demselben Playoff-System agiert. Dieses sah vor, dass sich, im Gegensatz zu den Vorjahren, nunmehr nur die besten vier Teams für die Endrunde qualifizierten, die folglich nicht bereits mit dem Viertel- sondern erst dem Halbfinale begann. Es trafen der Hauptrundensieger und der Drittplatzierte sowie der Tabellenzweite und -vierte aufeinander. Die Sieger dieser beiden Best-of-Seven-Serien spielten über ebenfalls maximal sieben Spiele den Stanley-Cup-Gewinner aus.

Ein bemerkenswerter Rekord gelang Maurice Richards in der Saison 1944/45; als erster Spieler schaffte er die 50 in 50 - 50 Tore in den ersten 50 Partien der Hauptrunde. In diesen erlesenen Kreis sollten bis heute nur vier weitere Spieler aufsteigen, unter ihnen klingende Namen wie Wayne Gretzky und Mario Lemieux.

1947/48 wurde die NHL von einem Wettskandal erschüttert. Je ein Spieler der Boston Bruins sowie der New York Rangers sollen Kontakte zu einem verdächtigen Buchmacher gehabt haben. Beweise für die Verschiebung eines Spiels konnten jedoch keine gefunden werden. In dieser Spielzeit fand auch das erste reguläre All-Star-Game der National Hockey League statt, zuvor war es eine reine Benefiz-Veranstaltung.

Nach dem Titelhattrick der Maple Leafs schlug Anfang der 50er die Stunde der Detroit Red Wings: Sie konnten zwischen 1950 und 1955 vier Mal die Trophäe in die Höhe stemmen. Zudem gab es einige Neuerungen in diesen Jahren. So musste erstmals in allen Arenen das Kunsteis, das bisher immer seine Naturfarbe behielt, weiß angestrichen werden, ab 1951 war es verpflichtend bei Heimspielen in Trikots mit der Grundfarbe weiß anzutreten und in Toronto kam erstmals eine Eismaschine zum Einsatz.

Viermal in den letzten fünf Jahren mussten sich die Montreal Canadiens im Stanley-Cup-Finale geschlagen geben, ehe die Saison 1955/56 kam. Toronto gewann drei Titel in Folge, Detroit vier Meisterschaften in sechs Jahren - und die Habs? Sie gewannen fünf Trophäen in fünf Jahren. Egal wie der Gegner hieß, in den Spielzeiten 1956 bis 1960 gelang es niemandem, den Kanadiern mehr als zwei Niederlagen in einer Finalserie zuzufügen. Montreal dominierte die Liga beinahe nach Belieben. Vor allem in Überzahl war der heutige Rekordchampion der NHL eine Macht und erzielte in einer zweiminütigen Powerplay-Situation des Öfteren gleich mehrere Tore, weshalb die Regel dahingehend angepasst wurde, dass der bestrafte Spieler nach einem Gegentor das Eis bereits wieder betreten durfte und die numerisch unterlegene Mannschaft wieder auffüllen durfte; und so ist es bis heute. Der Torwart der Canadiens, Jacques Plante, war es auch, der die Torhütermaske hoffähig machte. War sie zunächst nur notgedrungen aufgrund einer Verletzung zum Einsatz gekommen, setzte sich der Gesichtsschutz für Torhüter nun endgültig durch.

Konstanz gab es nicht nur bei der Meisterfrage, sondern auch im Tabellenkeller: Die New York Rangers und die Chicago Blackhawks machten in den ersten 15 (!) Jahren der Original Six, sprich bis zur Spielzeit 1956/57, stets den letzten Tabellenplatz unter sich aus. Ganze acht Mal belegten diese beiden Teams die beiden letzten Ränge nach der Hauptrunde.

Die Saison 1960/61 sollte aber zumindest bei den Blackhawks für große Erheiterung sorgen. Sie konnten sich nicht nur für die Playoffs qualifizieren, sondern auch im Finale die Detroit Red Wings besiegen und somit ihren ersten Stanley-Cup in der Ära der Original Six gewinnen. Auch für die Toronto Maple Leafs ging es mit Beginn der 60er Jahre wieder bergauf; sie konnten in den Jahren 1962 bis 1964 erneut einen Titelhattrick feiern. Als dann im Jahre 1965 die Canadiens aus Montreal einmal mehr als Champion hervorgingen und mit dem Schweden Ulf Sterner erstmals ein Spieler in der NHL auftrat, der das Eishockeyspielen in Europa gelernt hatte, neigte sich die oftmals als „goldene Ära" bezeichnete Original Six langsam, aber sicher, ihrem Ende entgegen.

Mit Blick auf die Landkarte wurde schnell deutlich, dass die NHL mehr eine „Ostamerikaliga" entlang der kanadisch-amerikanischen Grenze als eine Profispielklasse ganz Nordamerikas war. Gedanken bezüglich einer Westerweiterung der Liga gab es schon länger, offiziell beschlossen wurde sie am 9. Februar 1966. Im Detail entschied man sich zur Saison 1967/68 dazu, sechs neue Teams aufzunehmen. Eine Erweiterung Richtung Süden sollte die NHL durch drei Standorte realisieren, die bereits vor 1942 um den Stanley-Cup spielten; Pittsburgh, Philadelphia und St. Louis. Um die Liga westwärts auszudehnen, wurden Minnesota und die beiden Küstenstädte Los Angeles und Oakland aufgenommen. Es bewarben sich auch einige andere Städte wie etwa Vancouver und Buffalo, sie hofften aber vergeblich auf ein NHL-Ticket ab 1967.

Die letzte Saison der Original Six und die 50. Spielzeit der NHL insgesamt 1966/67 brachte noch einen Rekord mit sich; mit den Toronto Maple Leafs wurde ein Team mit einem stolzen Durchschnittsalter von 31,4 Jahren Champion. Diese Mannschaft ist bis heute der älteste Stanley-Cup-Sieger der Geschichte. Dem häufigen Prügelknaben dieser Ära, den Chicago Blackhawks, gelang es erstmals in ihrer Geschichte die Hauptrunde auf dem ersten Platz abzuschließen, mussten sich aber bereits im Halbfinale dem späteren Champion aus Toronto beugen. Ein großer Name betrat zu dieser Spielzeit die NHL-Bühne, der das Spiel des Verteidigers im offensiven Sinne völlig neu interpretieren und definieren sollte: Bobby Orr. Sein Team, die Boston Bruins, sowie die New York Rangers konnten in den 25 Jahren dieser Ära keinen einzigen Stanley-Cup holen.

Die Liga wurde in Folge der Erweiterung nun wieder in zwei Gruppen ausgespielt. Die East Division bestand aus den Dauerbrennern, den ehemaligen Original Six-Teams, während alle Neulinge in der West Division antraten. Die neuen Teams trugen die Namen Philadelphia Flyers, Los Angeles Kings, St. Louis Blues, Minnesota North Stars, Pittsburgh Penguins und California Seals. Letztere benannten sich bereits im November 1967 um in Oakland Seals. In genau derselben Reihenfolge schlossen die hinzugekommenen Mannschaften in der Tabelle ab. Da die meisten Topspieler bei den „alten" Vereinen blieben, war das Leistungsgefälle dementsprechend groß. Besonders gut war dies an der Tatsache abzulesen, dass die Flyers, Tabellenerster im Westen mit 73 Punkten, drei Punkte weniger auf der Habenseite hatten als der Tabellenfünfte im Osten, die Toronto Maple Leafs mit 76 Zählern, und sich somit in dieser Division nicht für die Playoffs qualifiziert hätten.

Die Endrunde wurde ähnlich ausgetragen wie in den Vorjahren, nur dass nach diesem System nun zunächst beide Divisionen ihre Meister bestimmten, die dann im Finale um den Stanley-Cup gegeneinander antraten. Im Endspiel standen sich demnach sozusagen „Alt" und „Neu" gegenüber. Im Falle der Saison 1967/68 hieß das Duell Montreal Canadiens gegen St. Louis Blues. Die Habs stellten die Machtverhältnisse deutlich zur Schau und gewannen die Serie und damit den Stanley-Cup mit 4:0-Siegen. Die Blues ihrerseits konnten sich auch in den beiden folgenden Jahren in der Western Division durchsetzen, fanden aber in den Boston Bruins und erneut den Canadiens ihre Meister.

Die erste Spielzeit nach der Erweiterung ging auch wegen eines sehr traurigen Ereignisses in die Geschichte ein. Bill Masterton von den Minnesota North Stars fiel in einer Partie gegen die Oakland Seals nach einem Check derart unglücklich auf den Hinterkopf, dass er zwei Tage später seinen Verletzungen erlag. Dies ist bis heute der einzige Todesfall aufgrund einer im Spiel zugezogenen Verletzung in der NHL. Diese Tragödie veranlasste viele Spieler dazu, einen Helm zu tragen, was bis dahin eher unüblich war. Zu Ehren des ehemaligen Akteurs wird seit 1968 die Bill Masterton Memorial Trophy für besondere Ausdauer, Hingabe und Fairness vergeben.

Es sollte noch eine Weile dauern, bis die Expansionsteams des Jahres 1967 den alten Hasen im Ring den Cup streitig machen konnten. Zunächst wuchs die NHL weiter: Zur Spielzeit 1970/71 stießen die beiden Teams, die noch drei Jahre zuvor vergeblich auf Berücksichtigung gehofft hatten, hinzu - die Vancouver Canucks und die Buffalo Sabres. Weitere vier Jahre später, 1974, waren es die Philadelphia Flyers, die als erstes „neues" Team den Stanley-Cup nicht nur gewinnen, sondern diesen Triumph im Folgejahr auch noch wiederholen konnten.

Bis heute ist die NHL kontinuierlich gewachsen. Seit dem Einstieg der Vegas Golden Nights zählt die beste Eishockeyliga der Welt nun 31 Mannschaften, mit der Franchise aus Seattle werden es bald 32 sein. Aus heutiger Sicht scheint dies unvorstellbar, dass früher 25 Jahre lang lediglich sechs Mannschaften um die Trophäe von Lord Stanley kämpften. Nicht zuletzt aufgrund der geringen Ligagröße ist der sportliche Wert dieser Ära umstritten. Andererseits wird noch heute von der Original Six als die „goldene Ära" der NHL gesprochen. Wie man auch dazu stehen mag, die National Hockey League zwischen 1942 und 1967 ist ein großes, ereignisreiches und denkwürdiges Kapitel in den Geschichtsbüchern des Eishockeysports!

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