Torsten Lieberknecht fand es gar nicht schlimm, dass kein Beratungsraum mehr zur Verfügung stand. Also setzte sich der Trainer von Eintracht Braunschweig am Freitagvormittag einfach in die Lobby der Geschäftsstelle. Denn dass alle Räume von anderen Mitarbeitern belegt waren, diente ihm nur als Beispiel, wie gut sich sein Verein entwickelt hat. „Solch eine Geschäftsstelle zu haben, ist nicht selbstverständlich", meinte der 42 Jahre alte Fußball-Lehrer im Gespräch mit der MZ. „Als ich hier angefangen habe, sah vieles noch ganz anders aus."
Dankbar und bodenständig
Wenn sich der Hallesche FC und Eintracht Braunschweig am Samstag in Runde eins des DFB-Pokals gegenüberstehen, treffen sich an der Seitenlinie auch zwei der drei dienstältesten Trainer im deutschen Profifußball. Als Lieberknecht bei Eintracht Braunschweig angefangen hat - 2008 war das -, war Sven Köhler beim HFC schon ein knappes Jahr im Amt. Köhler ist der am längsten amtierende Coach, Lieberknecht belegt Rang drei. Nur Frank Schmidt aus Heidenheim schiebt sich noch dazwischen.
Das Eintracht Braunschweig von heute ist auch Lieberknechts Werk. Auch wenn er weiß, dass er das Vertrauen seiner Mitstreiter brauchte. „Das ist immer ein Gesamtkunstwerk, da gehören mehrere Personen dazu, damit es funktioniert, dass ein Trainer so lange bei einem Verein tätig ist. Der Erfolg auf dem Platz hat natürlich eine große Rolle gespielt."
Nach einem Jahr als A-Jugend-Übungsleiter übernahm der gebürtige Pfälzer die erste Eintracht-Mannschaft in der Regionalliga. 2009 gelang die Qualifikation zur neu gegründeten dritten Liga. Damals punktgleich mit dem 1. FC Magdeburg. 2013 ging es sogar für ein Jahr in die Bundesliga.
Dankbarkeit, Bodenständigkeit und Beständigkeit - solche Werte sind dem Familienvater wichtig. Er hat maßgeblich dafür gesorgt, dass Eintracht Braunschweig dieses Image pflegt. Denn lange befanden sich viele Fans mit ihren Gedanken zu weit oben. „Gefühlt waren wir immer mehr als dritte Liga, als wir in der dritten Liga gespielt haben", sagt der Trainer, „und gefühlt waren wir auch immer mehr als zweite Liga, als wir zweite Liga gespielt haben. Mit dieser Wahrnehmung im Umfeld hatten wir erst einmal zu kämpfen." Realistische Visionen mussten her, ein vermittelbares Leitbild. Der Klub setzte auf personelle Kontinuität und holte junge Spieler aus unteren Ligen. Im dritten Jahr in Liga drei setzte sich die Vereinsführung das Ziel, den Aufstieg innerhalb der nächsten zwei Spielzeiten in Angriff zu nehmen. Im ersten klappte es. Und das, obwohl der Etat keineswegs von einem anderen Planeten zu sein schien.
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