"Früher war ich bei der Bahn dafür zuständig, von Reiseanbietern gecharterte Sonderzüge über die Lautsprecher zu bespaßen: Ich war der Wecker am Morgen, gab den Tagesablauf bekannt und unterhielt abends die Fahrgäste im Clubwagen.
Als es in den Neunzigern mit der Digitalisierung losging, mussten Stationsansagen für den Nahverkehr erstellt werden, was damals ein ganz neues Betätigungsfeld war. Wir waren im "Ton- und Informationsstudio" der Bahn vier Angestellte. Das Casting bestand daraus, dass mein Chef sagte: "Ingo, du bist es. Du hast die Stimme." Seitdem habe ich um die 8000 Ansagen eingesprochen, darunter ungefähr 5400 Ortsnamen - so viele Bahnhöfe fährt die Bahn in Deutschland an.
Wenn ich in meiner Heimat Berlin S-Bahn fahre, merke ich gar nicht mehr, dass da meine Stimme aus dem Lautsprecher tönt, aber wenn ich in anderen Gegenden unterwegs bin, bin ich schon ein bisschen gespannt. Weil viele Aufnahmen bereits älter sind, höre ich mein jüngeres Ich und merke, wie sich meine Stimme verändert hat. (...)"
Die Zeit, 14. Januar 2021.