Cori S. Socaciu

Journaliste d'Innovation, Frankfurt

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Wirtschaft: Designerin mit Geschäftssinn

Felicitas Lampert erninnert an eine Pionierin der Haute Couture, Erika Segel-Reinhardt. Foto: Christoph Boeckheler

Das Historische Museum zeigt die Mode der Offenbacher Designerin Erika Segel-Reinhardt. Die 1991 verstorbene Künstlerin war nicht nur innovativ bei der Auswahl ihrer Materialen. In ihrer Mode drückte sich auch ein fortschrittliches Rollenverständnis aus.


Es ist 1959. Ballonkleider mit schmaler, vom Korsett verengter Taille dominieren die Mode der Zeit. Felicitas Lampert, damals Anfang 20, hat gerade die Meisterschule für Mode in Frankfurt abgeschlossen und wird persönliche Assistentin einer Offenbacher Designerin, die sich dem Trend der Zeit widersetzt. Denn Erika Segel-Reinhardt kleidet internationale Prominenz in damals unkonventionelle, taillenfreie Haute Couture aus Leder.

Heute ist der Name Segel-Reinhardt längst aus dem Bewusstsein der internationalen Modebranche verschwunden. An das Lebenswerk der visionären Künstlerin erinnert seit Donnerstag im Historischen Museum die Ausstellung „Seidenroben und Lederjacken". Ermöglicht wurde die Schau mit seltenen Einzelstücken, dokumentierenden Fotos und Modefotografien durch eine Spende der ehemaligen Assistentin der Designerin, Felicitas Lampert.

Maren Christine Härtel, Kuratorin der Ausstellung, weiß um den Wert der Einzelstücke. Noch in den 1960er Jahren habe Leder-Haute-Couture von Yves Saint Laurent für einen Skandal auf einer Pariser Modenschau gesorgt. Zu dieser Zeit, als Leder eher für männlich-kantige Schnittmuster in Funktionskleidung eingesetzt wurde, hatte Segel-Reinhardt das Material längst für ihre eigene Mode entdeckt. Bewusst hatte sie sich in Offenbach niedergelassen, das als Zentrum der Lederverarbeitung galt. Mit Lederarten wie Antilope und Gazelle, die sie zumeist aus London bestellte, entwickelte sie Lederkleidung zu einem Luxussegment.


Viel Bewegungsfreiheit

Doch die Einzelstücke dokumentieren nicht nur den Einzug von Leder in die Damenmode, sondern auch ein fortschrittliches Rollenverständnis. Die sportliche Designerin kreierte Kleidung für Frauen, die wie sie selbst ihre Bewegungsfreiheit liebten, sich „nicht einschnüren lassen" wollten und lockere Kleidung bevorzugten. Darin seien die Einzelstücke von Segel-Reinhardt „zukunftsweisend" gewesen, so Härtel.

Maßgeblich wurde der Erfolg des Modeateliers „Reinhardt & Co", später Antiga, durch den Ehrgeiz der Designerin bestimmt. „Sie war eine der wenigen Frauen, die mein Leben nachhaltig prägten und von deren preußischer Disziplin ich bis heute profitiere", sagt ihre ehemalige Assistentin Lampert. Der kleinste Fehler sei bereits ein „Riesenfehler" für sie gewesen, wenn es um die Umsetzung der ausgefallenen Entwürfe ging, berichtet Lampert.

Schnitte habe die ambitionierte Designerin selbst vor ihren Mitarbeiterinnen unter Verschluss gehalten, um ihre Kreationen in der gehobenen Preisklasse exklusiv zu halten. In Modemagazinen und auf Mailänder Schauen habe sie ihre Kleidung von damals bekannten Mannequins wie Ingrid Gorr und Linde Ottens präsentieren lassen. Diese sind auch in den ausgestellten Fotografien der renommierten Modefotografin Regina Relang zu sehen.

Mit ihrer Chefin blieb Lampert auch nach ihrem Ausscheiden aus der Modefirma befreundet. Nachdem Erika Segel-Reinhardt 1991 verstarb, archivierte Lampert jene Kleidungsstücke aus dem Nachlass, die nun bis zum 4. Oktober im Historischen Museum zu sehen sind.

Bei den Einzelstücken handelt es sich um die letzten bekannten Kleider aus den einst umfangreichen Haute-Couture- und Prêt-à-Porter-Kollektionen der Designerin. Kuratorin Härtel hofft daher auch, dass durch die Ausstellung vielleicht noch mehr Kleidung aus dem Schaffen der Designerin auftaucht.

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