Cori S. Socaciu

Journaliste d'Innovation, Frankfurt

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Holocaust: Wer Auschwitz sieht, verstummt

Um über Auschwitz zu reden, müsse man selbst einmal dort gewesen sein. Mit dieser Feststellung begann Stadtdekan Achim Knecht am Sonntagvormittag in der Sachsenhausener Dreikönigsgemeinde die Predigt zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus. Anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktages am 27. Januar fragte Knecht, was die nationalsozialistischen Verbrechen heute für den christlichen Glauben bedeuteten.

Knecht selbst sei bei einem Besuch im ehemaligen Vernichtungslager Auschwitz verstummt, als er eine Installation für ermordete Kinder gesehen habe, bei der die Opfer mit Namen und Altersangaben verlesen wurden.

Indem man in Auschwitz ein Kind zu Tode gequält und gehenkt habe, habe man an jenem Ort auch Gott gehenkt. In Anlehnung an die Erfahrungen des Holocaust-Überlebenden und Friedensnobelpreisträgers Elie Wiesel, so sagte Knecht, könne man über Gott nicht reden, ohne auch die Finsternis zu benennen. „Mit Millionen Unschuldigen hat man auch Gott in die Gaskammer geschickt." Daher müssten Christen verstehen, wie im jüdischen Glauben über Auschwitz gesprochen werde.

Um der Opfer würdig zu gedenken, gelte es, ihre Namen zu benennen und ihre Geschichte aufzuarbeiten. Aus diesem Grund hat die Gedenkgruppe der Dreikönigsgemeinde sieben Jahrzehnte nach der Befreiung von Auschwitz die Namen und Todesdaten von ehemaligen Gemeindemitgliedern mit jüdischem Hintergrund von Konfirmanden verlesen lassen. Seit 2010 hat die Gemeinde in Kirchenbüchern und Archiven die Schicksale der Menschen recherchiert, die eine Verbindung zu Dreikönig hatten und verfolgt wurden.

Mit dem Gedenkgottesdienst setzte der Stadtdekan auch ein Denkmal gegen Ausgrenzung des Fremden und rassistische Unterscheidungen zwischen „denen und uns". Damit befürwortete er zugleich auch die Anti-Rassismus-Kundgebung am Montagabend auf dem Römerberg.

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