ZEIT ONLINE: Ihrem Instagram-Account kann man entnehmen, dass Sie sich gerade in Ihrer Wohnung in Mailand aufhalten. Wie geht es Ihnen?
FEDEZ: Wir leben jetzt seit drei Wochen ziemlich isoliert. Seit fast zwei Wochen sind wir in Quarantäne, halten uns an alle Vorgaben und hoffen, dass bald der Punkt erreicht ist, an dem sich das Virus nicht weiter ausbreitet. Insgesamt also: geht so.
ZEIT ONLINE: Wie nehmen Sie die Lage in Mailand und Italien wahr?
FEDEZ: Obwohl wir alle nur zu Hause rumsitzen, fühlen wir Italienerinnen und Italiener die Gemeinschaft gerade mehr denn je. Wir haben in den vergangenen Wochen ein Zugehörigkeitsgefühl entdeckt, dass wir in dieser Form noch gar nicht kannten. Wir singen hier abends um 18 Uhr und um 21 Uhr die italienische Nationalhymne und andere italienische Lieder vom Balkon. Wir vereinbaren sozusagen einen Termin, um das Herz der Stadt weiter schlagen zu lassen. Wir erleben einen Moment großer Solidarität.
ZEIT ONLINE: Der Hashtag dazu heißt #andrátuttobene, alles wird gut.
FEDEZ: Ich weiß nicht, was wir langfristig aus all dem lernen werden. Aber wir hören hier jeden Abend um 19 Uhr den Bericht des Tages, die neuen Zahlen der Infizierten und Toten. Wenn wir dann um 21 Uhr alle singen, uns von den Balkonen zuschreien, dann hilft uns das, positiv zu denken und die Situation nicht noch schwieriger zu machen.
ZEIT ONLINE: Sie haben vergangene Woche mit Ihrer Partnerin Chiara Ferragni über Social Media eine Spendenkampagne für die Krankenhäuser in lanciert. Wie kam es dazu?
FEDEZ: Am Anfang hatten wir lediglich die Idee, uns mit unseren Mitteln und unserer Bekanntheit nützlich zu erweisen. Wir wollten innerhalb einer Woche Spenden für das Krankenhaus San Raffaele in Mailand sammeln. Es ist doch so: Viele Italienerinnen und Italiener erweisen gerade der Allgemeinheit einen Dienst und tun, was sie können. Taxifahrer fahren Menschen gratis in Krankenhäuser. Wir wollten auch etwas tun.
ZEIT ONLINE: Binnen kurzer Zeit haben Sie überraschenderweise vier Millionen Euro eingenommen.
FEDEZ: Wir haben 100.000 Euro gespendet und uns dann überlegt, die Aktion so gut wie wir können über Kanäle wie Instagram zu verbreiten. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass so viel Geld zusammenkommt. Und wir haben eine Kettenreaktion ausgelöst. Mittlerweile kommen die Spenden aus 93 verschiedenen Ländern.
ZEIT ONLINE: Einen Teil der Spenden nutzt das Krankenhaus San Raffaele in Mailand, um eine Intensivstation auf dem Gelände eines ehemaligen Sportplatzes zu errichten. In voraussichtlich zwei Wochen soll das Gebäude in Betrieb genommen werden.
FEDEZ: Ja, es wird eine neue Intensivstation gebaut, um andere kleinere Krankenhäuser zu entlasten. Ich bekomme von zu Hause aus nicht alles mit, erkundige mich beim Krankenhaus aber nach dem Fortschritt der Bauarbeiten. Auf Social Media veröffentliche ich Videos, die man mir schickt, damit es für alle, die spenden, transparent ist.
ZEIT ONLINE: Am Abend stellen Sie sich außerdem auf den Balkon und geben kleine Konzerte, die sie anschließend auf Instagram zeigen.
FEDEZ: Ja, wir machen Musik. Ich glaube, so können wir gerade positive Energie aussenden.
ZEIT ONLINE: Wo ist gerade am meisten Hilfe nötig?
FEDEZ: Ich stehe in ständigem Kontakt mit den Krankenhäusern, um zu begreifen, welche Prioritäten sie dort überhaupt haben. Gerade geht es vielen Krankenhäusern in Italien zum Beispiel um Blutspenden. Die Reserven werden langsam knapp. Wir überlegen also, wie wir eine Nachricht so formulieren können, dass die Leute zwar Blut spenden, aber dabei zu Hause bleiben können. Oder zumindest auf sicherem Weg in die Krankenhäuser kommen.
ZEIT ONLINE: Neulich haben Sie ein Video veröffentlicht, in dem Sie Leuten auf den Straßen zuriefen, Sie sollten zu Hause bleiben.
FEDEZ: Wer aus dem Haus geht, um einzukaufen, in die Apotheke zu gehen oder um einem Verwandten zu helfen, dem es sehr schlecht geht - das ist alles okay. Aber alle anderen müssen jetzt einfach wirklich zu Hause bleiben.
ZEIT ONLINE: Und wenn das alles vorbei ist?
FEDEZ: Die Tage sind wie eine Achterbahnfahrt. Wir fühlen abwechselnd Entmutigung und dann wieder Zusammenhalt. Viele Menschen versuchen, positiv zu bleiben, aber dann gibt es da noch die harte Realität, die schlimmen Zahlen. An das Danach kann ich gerade noch gar nicht denken. Wir versuchen, von Tag zu Tag zu denken. Alle können jetzt helfen. Und alle wollen helfen, das fühlt man einfach.