Tollwut, Ebola oder das neue Coronavirus: Viren aus dem Tierreich können dem Menschen gefährlich werden. Eine mögliche Gegenstrategie: Wildtiere impfen, und zwar mit Impfstoffen, die sich genau wie Viren selbstständig in einer Population ausbreiten. Die Idee klingt gut, ist aber nicht ganz ohne Tücken.
Viruskrankheiten, die von Tieren auf den Menschen überspringen, sind eine reale Gefahr. Seit Monaten leben wir bereits mit Sars-Cov-2, wir haben weder Impfstoff noch Medikament dagegen und sind dem Virus schutzlos ausgeliefert, weil es eben dauert, Medikament oder Impfstoff zu entwickeln. Vielleicht sollte man die Tiere impfen. Rechtzeitig. Mit Spritzen durch den Dschungel zu laufen und tausende Tiere zu immunisieren, ist jedoch nicht praktikabel. Wissenschaftler forschen deshalb an Impfstoffen, die sich - genau wie eine Krankheit - ganz von alleine ausbreiten. Welches Potential hat die Idee? Und: Wie sicher ist das Ganze?
Meine Recherche zu selbstausbreitenden Impfstoffen beginnt schon lange bevor das neue Corona-Virus in Deutschland unser Leben bestimmt. Ende 2019 schreibe ich die ersten Interviewanfragen an Wissenschaftler, die sich damit beschäftigen, wie man Wildtiere impfen und Zoonosen verhindern könnte. Zwar berichten zu dieser Zeit bereits erste Zeitungen über eine neue Lungenkrankheit in China. Aber niemand in Europa denkt, dass wir damit ein Problem bekommen könnten. Dann kommt alles anders. Meine Recherchereisen im Frühling 2020 kann ich nicht mehr antreten, die Flüge sind gestrichen. Dafür ist das Thema umso brisanter.
"Alle denken, Vampirfledermäuse seien riesige Blutsauger, dabei sind sie recht klein."
Daniel Streicker forscht an der Universität Glasgow über die Ausbreitung von Infektionskrankheiten. Mit der Vampirfledermaus kennt er sich besonders gut aus:
"Sie wiegen nur 40 bis 50 Gramm, und wenn sie ihre Flügel anlegen, dann passen sie leicht auf eine Hand. Ihre Flügelspannweite beträgt zwischen 25 und 30 Zentimeter. Die Fellfarbe ist sehr unterschiedlich. Einige sind braun, andere orangerot, manche haben eine fast weiße Brust. Außerdem sind sie sehr beweglich. Viele andere Fledermäuse sitzen nur auf dem Boden herum, aber die Vampirfledermäuse hüpfen und springen und galoppieren."
Ihren Namen verdanken die Fledertiere ihren rasiermesserscharfen Eckzähnen, mit denen sie Tiere oder in seltenen Fällen auch Menschen beißen, um ihnen Blut abzusaugen. Dabei übertragen sie auch Krankheiten. Seit mehr als 13 Jahren betreibt Streicker Feldforschung in Peru. Dort ist vor allem die Vampirfledermaus-Tollwut ein Problem.
"Das betrifft Kleinbauern mehr als alle anderen. Wenn die ein Tier verlieren oder zwei, dann heißt es gleich, dass kein Geld mehr für Reparaturen da ist oder die Kinder nicht mehr zur Schule gehen können. Es ist eine verheerende Krankheit für Menschen, die sowieso schon in vernachlässigten Gemeinden leben."
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