Stand: 28.04.2020 01:00 Uhr
Wegen Corona-Infektionen oder Verdachtsfällen unter den Beschäftigten mussten bislang nur 30 der insgesamt etwa 19.000 Apotheken in Deutschland zeitweise schließen. Nach einer NDR Info Umfrage blieben damit 99,8 Prozent aller Apotheken geöffnet. Im Norden gab es bisher nur drei Schließungen.Einen Coronavirus-Infektionsfall gab es unter den Beschäftigten der Eimsbütteler Apotheke in Hamburg bisher - einen eingeschleppten. Eine Mitarbeiterin hatte sich beim Urlaub im österreichischen Ischgl infiziert. Nach den ersten Symptomen ging sie sofort in Quarantäne, wurde positiv getestet. Bei Kolleginnen, mit denen sie zuvor Kontakt hatte, blieben die Tests dagegen negativ. Alle konnten wieder arbeiten. Eine Schließung blieb aus. Der Rest des 20-köpfigen Teams konnte die Personallücke auffangen.
Keine Angst vor CoronaDie Eimsbütteler Apotheke in der Hamburger Osterstraße ist ziemlich klein, hat aber dennoch einen besonderen Vorteil: Zwei Automatiktüren machen es hier leichter, den Kundenverkehr zu organisieren. Eine Tür dient nun exklusiv als Eingang, durch die zweite sollen die Kunden die Apotheke verlassen. Drinnen sieht man Vorsichtsmaßnahmen wie in praktisch allen Apotheken seit März: Plexiglasscheiben auf dem Verkaufstresen, Abstandsmarken auf dem Boden, dazu vor der Tür Sicherheitshinweise.
Für Apotheker Stephan Kayser ist das keine außergewöhnliche Situation, Angst habe das Personal nicht vor Corona. "Wir überdenken, wie wir handeln, haben Hygiene-Prozesse", sagt er. "Von daher sind wir sicherlich organisatorisch schon gut darauf vorbereitet auf Ausnahmesituationen und haben die Kompetenz, damit umzugehen." Die Folge: Es gab hier keinen einzigen Infektionsfall im Apothekenbetrieb.
Nur drei Schließungen im NordenIn ganz Hamburg mussten lediglich zwei der 394 Apotheken (0,5 Prozent) wegen einer Coronainfektion beim Personal zeitweise schließen - zwei von insgesamt nur drei Fällen im ganzen Norden. In Niedersachsen musste eine der 1.866 Apotheken schließen - wegen eines Verdachtsfalls, der sich später nicht bestätigte. Somit blieben dort wie in Westfalen-Lippe und Sachsen 99,9 Prozent der Apotheken am Netz. In Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen musste keine einzige Apotheke Corona-bedingt ihre Dienste temporär einstellen. Genauso wenig wie in Berlin, Brandenburg, Nordrhein, Thüringen und Sachsen-Anhalt.
Nach einer Umfrage von NDR Info unter den 17 Landesapothekerkammern (in Nordrhein-Westfalen gibt es zwei) blieben in den vergangenen Wochen 99,8 Prozent aller Apotheken geöffnet. Zwar gab es den Kammern zufolge vereinzelt Infektionsfälle unter Mitarbeitenden. Dies führte zur Quarantäne der Betroffenen und einiger Kollegen. Aber in den seltensten Fällen musste eine Apotheke deshalb schließen.
Apotheken im Saarland (1 von 285 Apotheken), in Bayern (11 von 3062) und Hessen (6 von 1437) waren prozentual am stärksten betroffen. In diesen Ländern mussten mit 0,4 Prozent überdurchschnittlich viele Apotheken wegen Infektionen zeitweise schließen.
Mit Schutzmaßnahmen frühzeitig reagiertGenauso wie Ärzte und Pfleger gelten auch die Beschäftigten in Apotheken als besonders gefährdet, weil sie Infizierten häufig ausgesetzt sein dürften. Dass die Apotheken trotz der Corona-Pandemie eine so hohe Versorgungsquote erreichen, führt die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) unter anderem auf die Qualifikation des Personals zurück.
Das Personal sei gewohnt, "mit besonderen Risikosituationen in Apotheken umzugehen und konnte deswegen sehr schnell auch eigene Schutzmaßnahmen ergreifen", so ABDA-Präsident Friedemann Schmidt im Interview mit NDR Info. "Im Vergleich zu vielen anderen Branchen sind wir da einfach besser ausgebildet, qualifizierter und können auch selbstverantwortlich besser handeln", sagte Schmidt weiter.
Der Geschäftsführer der Landesapothekenkammer Schleswig-Holstein, Frank Jaschkowski, ergänzt: "Wir haben bei den einzelnen Apotheken abgefragt, welche Maßnahmen getroffen wurden, und wir haben dann diese Maßnahmen im Rahmen eines Ideenwettbewerbs kommuniziert, sodass viele gute Ideen auf die Apotheken verteilt werden konnten."
Enger Kontakt zu GesundheitsämternJaschkowski lobt in diesem Zusammenhang auch den Kontakt zu Behörden. Durch einen "engen Kontakt mit den Gesundheitsämtern des Landes" hätten Verdachtsfälle frühzeitig getestet werden können. "Apotheken sind systemrelevant und insofern war der kurze Draht zum Gesundheitsamt der richtige, um dann betroffene Mitarbeiter auch untersuchen zu lassen", so Jaschkowski.
Dieses Thema im Programm:
NDR Info | Infoprogramm | 28.04.2020 | 06:00 Uhr