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Fünf-Generationen-Familie kennt Weihnachten in allen Formen

Drei Generationen auf einem Bild: Ellen und Helmuth Quass mit (v.li.) Urenkelin Maja, Enkelin Mia Josefine, Urenkel Samuel und Urenkelin Celina.Foto: Michael Kleinrensing

Hagen. Eine Handvoll Nüsse, Schokolade und vielleicht eine Mundharmonika - das war die Geschenkausbeute von Helmuth Quass in den 30er-Jahren. Die fünfte Generation der Familie Quass feiert heute nicht mehr ganz so bescheiden. Die Ururgroßeltern können mit dem heutigen Weihnachten nur wenig anfangen.

Wollten Ellen und Helmuth Quass Weihnachten mit der ganzen Familie feiern, sie müssten einen Saal mieten. Denn Ellen und Helmuth sind nicht nur Eltern und Großeltern. Sie sind auch Ur- und Ururgroßeltern.

Fünf Generationen, 26 direkte Nachkommen - für so viele Leute ist wahrlich kein Platz am Esstisch des Ehepaares in Wehringhausen. Wohl aber im Fotoalbum auf dem Tisch und an der Wand gegenüber. Dort sind sie alle beisammen: die Kinder wie Klaus-Peter und Hans-Jürgen, die Urenkel Maja und Celina. Und Finchen. Immer wieder Finchen. Sie ist die Jüngste der Sippe. An Heiligabend ist Mia Josefine, wie sie richtig heißt, ein Jahr und drei Monate auf der Welt. Auf einer Welt, die im Jahr 2013 so viel anders ist als jene, die Helmuth Quass vor bald 88 Jahren erblickte. An ein Weihnachten, wie wir es heute kennen, war in seiner Kindheit nicht zu denken.

Weihnachten in den 1930er-Jahren war sehr bescheiden

Kalt ist es an einem Heiligabend Anfang der 30er-Jahre. Viel kälter als heute, denn Hagen ist noch keine Großstadt. Auf der Volme kann man Schlittschuh laufen, weiße Weihnacht ist nicht ungewöhnlich. Doch das Leben ist elend. Weltwirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit. Statt mit Christbaumkugeln schmückt Familie Quass den kleinen Baum mit Lametta. Statt großer Geschenke gibt es für Helmuth einen bunten Teller: „Mit Äpfeln, einer Handvoll Nüssen, einer Tafel Schokolade und, wenn man Glück hatte, einer Mundharmonika. Das war Weihnachten - ganz schön bescheiden."

Der Krieg bricht aus, als Helmut 13 ist. „Da war Weihnachten ganz schlimm", sagt er. „Die Söhne waren nicht da, die Väter waren nicht da." Ehefrau Ellen erinnert sich an ihr schönstes Geschenk aus dieser Zeit: eine Dose Hering in Tomatensoße. „Ich hab' mir gewünscht, dass ich eine allein essen darf."

Weihnachten zur Zeit des Wiederaufbaus

Diese Zeiten kennt ihr Sohn Hans-Jürgen Quass zwar nicht mehr, doch große Sprünge kann die Familie Anfang der 50er-Jahre auch nicht machen.

Ein wichtiges Werkzeug beim Weihnachtsbaumkauf ist damals der Zollstock. Der Preis für die einfachen Fichten wird zentimetergenau berechnet. Eine Flasche Sekt zum Fest wäre eine Sensation. Papa Helmuth baut viele Geschenke selbst: ein Kasperletheater, einen Kaufladen und Jürgens Lieblingsgeschenk - einen Kran, auf den alle seine Freunde neidisch sind.

Auch Enkelgeneration übt sich in Bescheidenheit

Heute, glaubt Ellen Quass, wüssten die Kinder die Präsente gar nicht mehr richtig zu schätzen. „Die kriegen so viel, die wissen gar nicht, was sie zuerst angucken sollen." Das sei auch ihrem ältesten Sohn, Klaus-Peter Quass, aufgefallen. „'Mutti', hat er gesagt. 'Eins will ich dir sagen: Wir haben früher zwar nicht viel gekriegt, aber unser Weihnachten war doch schöner.'" Bescheidener. Besinnlicher.

Dass Weihnachten heute nur noch ein einziger Konsumrausch sei, mag Oliver Quass, 34, Vertreter der Enkelgeneration, nicht bestätigen. Sein zweijähriger Sohn Samuel jedenfalls werde nicht mit Spielsachen überhäuft. „Wir versuchen das schon klein zu halten."

Feiertage werden mit großer Verwandtschaft zum Marathon

Heiligabend im Jahr 2013 wird bei der dritten Generation traditionell gefeiert. Erst geht es in den Gottesdienst, vermutlich bei acht Grad und Nieselregen. An Schlittschuhlaufen auf der Volme ist in einer Großstadt wie Hagen nicht zu denken. Zu Hause gibt es dann die Bescherung unterm Weihnachtsbaum mit Christbaumkugeln, anschließend Raclette - ganz gemütlich.

Stressiger wird es erst an den Weihnachtsfeiertagen. Die Verwandtschaft möchte Söhnchen Samuel sehen und die ist bekanntlich groß. „Ruhig und besinnlich ist tatsächlich anders", sagt Oliver, „aber trotzdem ist es nicht weniger schön."

Christine Holthoff

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