Christina Philippe: Für Youtuber gibt es zwei Wege aus der Misere. © Foto:privat
Sinkende Werbeeinahmen für Youtuber - endlich!
Weltweit beschweren sich seit einiger Zeit Youtuber über sinkende Werbeeinnahmen. Ursache hierfür ist eine Änderung bei Youtube, die nun noch genauer prüfen, welche Videos "advertiser friendly", also für Werbungtreibende am besten geeignet sind. Mehr zu den neuesten Entwicklungen gibt es zum Beispiel bei Philip DeFranco zu sehen, einem US-Youtuber mit Daily-Show und mehr als 5 Mio. Abonnenten.
Das kann der neue Youtube-AlgorithmusVideos die, aus welchem Grund auch immer, bei Youtube durch das Raster fallen, werden nicht mehr monetarisiert und die Youtuber verdienen dadurch teilweise erheblich weniger. Natürlich ist aus Sicht der Werbungtreibenden verständlich, dass man seine Produkte nicht im Rahmen von Hassbotschaften oder Straftaten präsentieren möchte. Darum erscheint so eine Klassifizierung von Videos als gute Idee.
Am Beispiel KuchenTV, der sich in zwei Videos zu dem Thema geäußert hat ( Video 1: Einnahmerückgänge; Video 2: Warum das Klagen darüber legitim ist), lässt sich wunderbar aufzeigen, warum so ein System wichtig ist. KuchenTV, mit bürgerlichem Namen Tim Heldt, beschwert sich über Youtube und gibt an, bis zu 50 Prozent weniger Geld mit seinen Videos zu verdienen. Das ist natürlich ärgerlich. Wirft man aber einen Blick in seinen Kanal wird klar, warum die Werbeeinnahmen zurückgehen. Wer wegen Volksverhetzung rechtskräftig verurteilt wurde, mit 17 Strafanzeigen prahlt und schon wieder auf einen neuen Gerichtstermin wartet ist eben nicht das beste Aushängeschild.
Ähnliches gilt für Youtuber wie ApoRed, der mit seinen Prankvideos zum absoluten Youtube-Müll gehört. Wer öffentlich Straftaten begeht, billigend Verletzungen anderer Menschen oder eine Massenpanik in Kauf nimmt, sollte sich nicht wundern, wenn Unternehmen keine besondere Lust haben, ein paar Sekunden vorher ihr Logo zu zeigen.
Das hat Konsequenzen - leider auch für sinnvolle KanäleSo weit so gut. Solche Videos werden nun ausgesiebt, die Werbungtreibenden haben einen besseren Einfluss darauf, wo ihre Werbung gezeigt wird. Es könnte alles wunderbar sein, warum also die Beschwerden? Leider trifft das System von Youtube bei der Auswahl nicht immer nur tatsächlich minderwertige Inhalte. Gerade News-Youtuber, die eben auch über kritische Themen sprechen müssen, sind von solchen Aktivitäten betroffen. Ihnen gehen Einnahmen verloren, obwohl die Videos durchaus "advertiser friendly" sind. Das kann gravierende Folgen für Youtube haben.
Für Youtuber, deren Einkommen von der Plattform abhängt, gib es eigentlich nur zwei Wege aus der Misere: Entweder sie versuchen, direkt Product Placements zu bekommen, was aber keine einfache Aufgabe ist, oder sie ändern ihre Inhalte. In vielen Fällen wäre das nicht unbedingt ein Verlust, wenn aber Youtuber wie LeFloid oder HerrNewstime plötzlich keine News mehr bringen oder nur stark eingeschränkt agieren können, geht auch viel guter Content verloren.
Warum sinkende Einnahmen dennoch eine gute Sache sindLangfristig gesehen wäre es eine Katastrophe, wenn Youtube diese Auslistungstaktik beibehalten würde.
Allerdings hat die Diskussion der vergangenen Monate auch dazu geführt, dass bei den Unternehmen endlich ein Qualitätsbewusstsein entstanden ist und sich die Marken mehr Gedanken darüber machen, wer welche Produkte wo vermarktet. Dieses Bewusstsein fehlt schon seit Jahren und hat zu grenzwertigen und teils sinnlosen Kampagnen und Placements geführt.
Durch die neue Lage kehrt etwas mehr Ernst bei Youtube ein. Das ist erstmal eine gute Sache. Youtuber tun sich zusammen und versuchen, endlich mehr mit den Verantwortlichen hinter der Plattform und in den Agenturen zu sprechen. 2016 reagierte man in den USA auf den neuen Trend mit der Gründung der Internet Creators Guild, einer Non-Profit-Organisation, gegründet und betreut von Youtubern und anderen Content-Erstellern. Sie haben es sich zum Ziel gesetzt, denjenigen Starthilfe zu geben, die über Youtube nachhaltig ihren Lebensunterhalt verdienen wollen, und ihnen mehr Einfluss auf die Industrie zu geben. So soll ein regelmäßiger Austausch geschaffen werden, damit beide Seiten besser auf Veränderungen reagieren können.
Somit führt die eigentlich unschöne aktuelle Lage endlich dazu, dass mehr Kommunikation stattfindet, die Creator sich organisieren und professionalisieren. Genau das hat Youtube (besonders in Deutschland) immer gefehlt. Man kann nur hoffen, dass Initiativen wie die Internet Creators Guild auch ihren Weg nach Deutschland finden, damit Youtuber hier auch die Möglichkeit bekommen, sich mehr Gehör zu verschaffen und Einfluss auf die Entwicklung der Plattform zu nehmen. Weg von den Multchannel-Netzwerken, die ganz offensichtlich kein Interesse an qualitativ hochwertigen Inhalten haben und hin zu einer direkten Zusammenarbeit mit Youtube und Unternehmen.
Christina Philippe, Social-Media-Expertin und Texterin, ist einer der "Digital Leader", eine feste Gruppe von Bloggern, die ihre Meinungen und Kommentare via LEAD digital verbreitet. Mehr zur Autorin und den weiteren Mitgliedern der "Digital Leader" lesen Sie hier auf der Übersichtsseite.Artikel bewerten