- VON CHRISTIANE PÜTTER "Wenigstens einen Kranz", sagt die alte Dame im schwarzen Kostüm. "Wenigstens einen Kranz haben sie ihr noch hingelegt." Sie zeigt auf das schlichte Gesteck aus rosa Sommerblumen. "In stiller Trauer - Ihre Nachbarn Familie Weber", steht auf der Schleife. Die alte Dame seufzt. "Wäre es nach den Menschen gegangen, lägen da hundert Kränze." "Sie", das ist Erni Singerl. Einen Tag nach der Bekanntgabe ihres Todes kommen Fans und Freunde an das Grab der Schauspielerin Ihr Humor auf der Bühne - und beim Schafkopfen und ihres Mannes Georg Schropp auf den Ostfriedhof. Stehen still vor dem schmalen weißen Stein. Halten einen Moment inne. Und sagen immer wieder einen Satz: "So ein Begräbnis, das hat sie nicht verdient."<BR>
Eine Kritik, die am gestrigen Mittwoch schon zu hören war. Rolf Kuhsiek, 25 Jahre lang Singerls Bühnenpartner, hatte offen gesagt: "Ich bin entsetzt, wie die Erni in aller Heimlichkeit von ihrer Tochter verscharrt worden ist."<P>Der Schauspieler steht damit nicht allein. "Das ist doch kein Abschied für so einen Menschen", ereifern sich zwei ältere Frauen. "Da war das Moshammer-Begräbnis würdevoller." Ein schlanker Mann in dunkelblauer Hose und Blouson tritt ans Grab, in der Hand eine rote Rose. Manfred Weiers heißt er und war einer von Erni Singerls treuesten Fans - das zeigt das Album mit den vielen Autogrammen, das er mitgebracht hat. "Ich verstehe das nicht", sagt der 52-Jährige kopfschüttelnd. "Die Fans von der Erni, das sind doch alles anständige brave Leute. Man hätte ihnen Gelegenheit geben müssen, ihr die letzte Ehre zu erweisen." Er hat die Erni ja persönlich gekannt, hat sie oft am Theater getroffen. Immer war sie lieb.<P>Einer, der sie nicht nur vom Theater kannte, ist Dietmar Holzapfel. Der Wirt der "Deutschen Eiche" ist mit der Schauspielerin beim Schafkopfen zusammengesessen, ihr Mann Georg war noch dabei und sein Papa, der mit dem Schorsch befreundet war. "Sie glauben nicht, wie die um a Zehnerl hat streiten können", sagt er versonnen. Bei der Erinnerung daran muss er herzlich lachen. Und wird gleich wieder ernst, als es um das Begräbnis geht: "Da wird jetzt viel Schmarrn geredet - ich glaube schon, dass die Beisetzung in aller Stille Ernis Wunsch war", stellt er klar.<P>Die beiden älteren Frauen stehen ein wenig abseits und unterhalten sich. "Angefangen hat es mit dem Tod vom Gustl Bayrhammer", überlegen sie. "Und dann der Erich Hallhuber und der Toni Berger und die Erni. Jetzt stirbt München."<P>Dann geraten sie ins Schwärmen von der Erni Singerl. Von ihrem großen Herzen. Von ihrem Humor. "Sie hat diesen Mutterwitz g`habt", sagen sie. Und wie sie die Menschen bewegt hat.<P>Plötzlich werden die beiden Frauen unterbrochen - hinter ihnen fährt mit lautem Knattern ein orangefarbener Laster heran, Arbeitsgeräte auf der Ladefläche. "Obacht!", ruft die eine Frau der anderen zu. Und lacht auf: "Sonst bleibn mir a glei da!" Mutterwitz eben.<P>