Das Problem ist altbekannt: Für den Kulturbetrieb in Italien ist immer weniger Geld übrig. In den letzten zehn Jahren wurden die knappen Mittel nochmal um fast 30 Prozent gekürzt. Dabei gibt es allein in der Toskana mehr als 300 archäologische Ausgrabungsstätten, die in Stand gehalten und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden wollen. Letzte Hoffnung: Die vielen ehrenamtliche Helfer.
Ehrenamt als Fulltime-JobIn ganz Italien sorgen mittlerweile 800 tausend Ehrenamtliche dafür, dass der italienische Kulturbetrieb weiterlaufen kann. Einzig in der Toskana wurde von Kulturbehörde und Ehrenamt-Vertretung auch ein Papier ausgearbeitet, das Rechte und Pflichten beider Seiten festschreibt, die so genannte Magna Carta.
"Ich habe immer ehrenamtlich gearbeitet, im Brandschutz zum Beispiel, um mich nützlich zu machen für meine Gemeinde. Als ich dann vor elf Jahren von den Hobbyarchäologen erfuhr, bin ich sofort beigetreten. Geschichte interessiert mich schon immer, gerade die der Etrusker. Anfangs war es eine Freizeitbeschäftigung, heute ist es fast ein Fulltime-Job."
Beispiel Ausgrabungsstätte PietramarinaIm toskanischen Pietramarina wird unter Leitung der Museumsdirektorin Maria Chiara Bettini wieder gegraben.
Wege harken, Zäune herrichten und frei gelegte Mauern und Steinböden mit Spachtel und Pinsel von Erde befreien - das sind üblicherweise die Aufgaben, die ehrenamtliche Hobby-Archäologen übernehmen. Aber im toskanischen Pietramarina wird unter Leitung der Museumsdirektorin Maria Chiara Bettini auch wieder gegraben. Anfangs waren nur Archäologiestudenten als Helfer zugelassen. Heute dürfen auch die Hobbyarchäologen ran, der Magna Carta sei dank. Für Annalisa Ansiati eine Chance, denn nach ihrem Archäologie-Studium bekam sie keine Anstellung, als Ehrenamtliche kann sie wenigstens in ihrer Freizeit ihr Wissen umsetzen.
"Es war immer schwierig, einen Job zu finden, heute ist es fast aussichtslos. Deswegen bin ich froh, überhaupt graben zu können."
Der Einsatz ehrenamtlicher Helfer in der Kulturpflege hat auch Schattenseiten: Mit ihrer Hilfe können die Gemeinden und der Staat Fachpersonal einsparen. Für Museumsdirektorin Maria Chiara Bettini ein Missstand, dennoch kann auch sie auf die Hilfe nicht verzichten.
"Der Staat kann nicht alles leisten, deswegen müssen auch wir Zugeständnisse machen, wenn wir wollen, dass es weitergeht. Es wäre doch schade, Pietramarina wieder der Natur zu überlassen. Zum einen ist sie wichtiger Teil unseres Archäologie-Parks und dann kommen ständig auch Besucher her, die sich für die hiesige Geschichte interessieren."
Kreative Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für FachleuteArchäologieprofessor Vasco La Salvia von der Universität in Chieti und seine Kollegen von der archäologischen Fakultät in Siena wollen dieser Entwicklung etwas entgegenhalten. Sie haben bei Poggibonsi an der Schnellstraße Florenz-Siena einen wissenschaftlich exakten Nachbau eines karolingischen Dorfes aus dem 9. Jh. erbaut: das Archeodromo. Dort schlüpfen sie selbst in mittelalterliche Rollen und zeigen Besuchern kostenlos, wie die Menschen damals gelebt haben. Gleichzeitig bieten sie gegen Bezahlung Workshops für Kinder, mittelalterliche Festmahle und Ferienkurse an.