Niculescu Păun trägt jetzt den Namen seines toten Sohnes im Ausweis, er steht im Adressfeld. Die Vili-Viorel-Păun-Straße führt vorbei an seinem Elternhaus bis zum Friedhof, auf dem er begraben liegt. Man kann den Weg zu Fuß gehen, er ist nicht sehr lang.
Straße, Elternhaus und Friedhof liegen in Singureni, einem Dorf in . Eine halbe Stunde südlich von Bukarest, wenn der Verkehr das nicht in die Länge zieht. 1.800 Einwohner, man kennt sich. Vili Viorel Păun wurde hier geboren, am 10. September 1997. Als Vili 18 ist, gehen seine Eltern Niculescu und Iulia mit ihm nach Deutschland. "Wir dachten, in Rumänien hat Vili keine Zukunft", sagt sein Vater heute. Er sagt auch: "Ich werde diese Entscheidung mein ganzes Leben lang bereuen."
Vili Viorel Păuns Zukunft in Deutschland dauert etwa vier Jahre. Sie endet am 19. Februar 2020 in , auf einem Parkplatz vorm Lidl, mit drei Schüssen in Brust, Schulter und Kopf, hingerichtet von einem rechtsextremen Attentäter. Der tötet in dieser Nacht neun Menschen aus rassistischen Motiven, braucht dafür knapp zwölf Minuten. Anschließend erschießt er seine Mutter und schließlich sich selbst.
Drei Jahre ist das jetzt her.
Iulia, 45, und Niculescu Păun, 48, sitzen in ihrem Wintergarten in Singureni, servieren hervorragenden Kaffee aus schwarzen Tassen mit Goldrand und rauchen Pall Mall in Kette. Iulia schweigt eher und hört zu, Niculescu möchte reden. Über seinen Sohn und über das Versagen der deutschen Behörden.
Die Păuns sitzen in Rumänien, in Deutschland sind sie kaum noch. Denn beim Anschlag von Hanau wurde ihnen nicht nur der Sohn genommen, sondern auch das Vertrauen in die Bundesrepublik und ihre Institutionen. Es wäre ja so schon schwierig genug, jeden Tag an den Verlust erinnert zu werden - der Arbeitsweg, den Vili früher immer nahm, das Zimmer, in dem er zuletzt schlief, die Plätze, die er gern mochte. Doch in Deutschland werden die Păuns seitdem auch daran erinnert, dass sie sich nicht auf die Bundesrepublik verlassen können, wenn es darauf ankommt. Weil die Behörden nicht verhindert haben, dass der Attentäter sich bewaffnete, obwohl es Warnzeichen gab. Weil die in der Nacht nicht da war, obwohl Vili den Notruf wählte. Und weil so vieles schieflief in den Tagen, Wochen und Monaten nach dem Anschlag, als es darum ging, ihn aufzuklären. Die Păuns und ihre neue Heimat haben sich seit dieser Nacht entfremdet.
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