Heute vor genau 30 Jahren schoss er Dortmund zum Pokalsieg und wurde zum "Helden von Berlin": Nobbi Dickel über das Spiel, das seine Laufbahn beendete und Jobs nach der Karriere, von denen er eigentlich keine Ahnung hatte.
imago imagesHerr Dickel, warum humpeln Sie? Es ist erst drei Monate her, dass ich ein komplett neues Kniegelenk bekommen habe. Ich hatte lange Angst vor der Operation. Wenn alles verheilt ist, soll ich erstmals schmerzfrei sein, nach 30 Jahren. Seit dem 24. Juni 1989. Sie waren Mittelstürmer bei Borussia Dortmund, der Verein stand nach 23 Jahren ohne Titel im Pokalfinale. Sie verletzten sich kurz vorher am Knie, liefen trotzdem auf, schossen zwei Tore. Der BVB wurde Pokalsieger und Sie der "Held von Berlin". Und außerdem Sportinvalide. War es das wert? Die Verletzung und das Spiel haben mir auch das gegeben, was ich immer wollte: nämlich, beim Fußball zu bleiben. Andere Ex-Profis stehen heute mit nichts da. Damals zu spielen, war kein Fehler. Sie haben sich für den Verein geopfert. Ach. Wir dachten alle, ich würde in 14 Tagen wieder topfit sein und weiter Fußball spielen. Hat ja nicht so gut geklappt. Nach Ihrer Karriere als Spieler wurden Sie Stadionsprecher beim BVB. Seit 27 Jahren sagen Sie an jedem Heimspieltag die Mannschaftsaufstellung durch, die Tore und die Auswechslungen. Nur zweimal haben Sie gefehlt. Was war da los? Einmal war ich einfach krank, hatte Grippe. Das andere Mal war vor sieben oder acht Jahren. Ich hatte offenbar die Füße im Büro dermaßen komisch übereinandergeschlagen, dass der Knöchel dick wurde. Der Mannschaftsarzt hat mich punktiert, ich musste mich auf die Pritsche legen. Was macht der BVB an so einem Tag? (Lacht) Angemessen wäre es gewesen, das Spiel zu verschieben. Opernsänger vermeiden scharfes Essen, dehnen ihre Gesichtsmuskeln und trinken viel Tee, um ihre Stimme zu pflegen. Welche Tricks nutzen Sie? Ich habe einen befreundeten HNO-Arzt, der mir im Fall der Fälle ein Präparat besorgt, das die Stimme schnell fit macht. Ich weiß gar nicht, ob das noch erlaubt ist. Ihr Name ist heute untrennbar verbunden mit Borussia Dortmund, der Verein wiederum mit dem Ruhrgebiet. Dort hat gerade die letzte Zeche geschlossen. Spüren Sie eine Veränderung in der Gegend? Wir wandeln uns zur Dienstleisterregion. Hier gab es Hoesch, das Stahlwerk, da haben viele Leute gearbeitet. Dortmund war ja immer eher eine Stahlstadt, keine Zechenstadt. Da, wo früher das Werk stand, ist heute der Phoenixsee.
VERÖFFENTLICHT: 24.06.2019
TEXT: Marius Buhl Christian Vooren