Wenn die FDP heute den neuen Bundesvorstand wählt, dann hat er definitiv gute Chancen: Lukas Köhler, 32, aus München. Köhler hat Erfahrung als Landesvorsitzender der Jungen Liberalen in Bayern. Aber noch viel wichtiger: Köhler ist klimapolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion.
Bayerische FDP-Mitglieder wollen in den BundesvorstandAus zwei Gründen spricht einiges dafür, dass Köhler es bei der Wahl heute in den Bundesvorstand schaffen kann. Einerseits ist der bayerische Landesverband - immerhin der drittgrößte in der Partei - im Bundesvorstand unterrepräsentiert. Von den 34 Mitgliedern im Bundesvorstand kommen nur zwei aus Bayern: Daniel Föst und Jimmy Schultz. Sie kandidieren nicht mehr.
Die FDP will die Grünen einholenAndererseits besetzt Köhler in der Bundestagsfraktion ein Thema, das von den Freien Demokraten lange vernachlässigt wurde: die Klimapolitik. Während die Grünen in Umfragen auf 20 Prozent zusteuern, landet die FDP nicht mal mehr bei der Hälfte. Druck kommt von jungen Liberalen wie Lars Alt. Der Landesvorsitzende der Jungen Liberalen (JuLis) in Niedersachsen fragte auf dem Bundeskongress vor zwei Wochen: "Warum profitieren nur die Grünen vom freien Fall der Großen Koalition?"
Er gab sich die Antwort gleich selbst: "Ich glaube, es ist deshalb so, weil die Freien Demokraten lange Klimaaktivisten einfach nur als Klimaideologen verschmäht haben, weil wir jahrelang die Arbeit von Klimaforschern diskreditiert haben."
Die JuLi-Vorsitzende Ria Schröder ergänzte: "Man muss kein Profi sein, um das zu erkennen."
Parteichef Lindner stellt sich nach "Profis"-Aussage zur WiederwahlEine deutliche Botschaft an Parteichef Christian Lindner. Er hatte im März über die streikenden Schüler von Fridays for Future gesagt: Klimaschutz sei eine Sache für Profis. Das hat einige Parteimitglieder verärgert. Und könnte dafür sorgen, dass Lindner bei der Wahl zum Parteichef nicht 91 Prozent bekommt wie noch 2017.
Allerdings wird der Bundesvorstand zu den Grundsätzen liberaler Klimapolitik einen Antrag vorlegen. Auf den acht Seiten wird deutlich, wie sehr sich die Klimapolitik der FDP von den Ansätzen der Grünen unterscheidet. Parteichef Lindner fordert, man müsse "den Ideenwettbewerb der Ingenieure in das Ziel CO2 Einsparung stellen."
Emissionshandel statt CO2-SteuerSubventionen oder Verbote lehnt Lindner ebenso ab wie eine CO2-Steuer. Stattdessen setzt die FDP auf den europäischen Emissionshandel, also den Verkauf von Verschmutzungsrechten. Die FDP will den Zertifikatehandel ausweiten, auf Verkehr und Gebäude. Die Einnahmen sollen in die Forschung fließen.
FDP will Enteignungen unmöglich machenIm Leitantrag steht Altbekanntes: Weniger Steuern, mehr Spielraum für Unternehmen. Kurzfristig hat Lindner auch noch ein anderes Thema in den Mittelpunkt gerückt: Enteignungen. In Berlin hat es in den vergangenen Wochen Demonstrationen gegen große Immobilienkonzerne gegeben. Die Demonstranten berufen sich auf Artikel 15 des Grundgesetzes.
Lindner möchte diesen Artikel streichen: "Der gibt nur Anlass für Missverständnisse und für linkspopulistische Kampagnen, wie wir die hier in Berlin sehen." Sollte der Parteitag dem entsprechenden Antrag zustimmen, will die Partei im Bundestag eine Verfassungsänderung beantragen. Allerdings bräuchte es dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit, mit dem Stimmgewicht der FDP allein wäre dieser Antrag also aussichtslos.
Lindners Wunschkandidatin soll neue Generalsekretärin werdenKlar ist: Die Partei braucht eine neue Generalsekretärin. Amtsinhaberin Nicola Beer ist Spitzenkandidatin bei der Europawahl. Ihre Nachfolgerin soll Linda Teuteberg werden. Sie ist bisher migrationspolitische Sprecherin und die Wunschkandidatin des Parteichefs. Sie verstehe es, "Weltoffenheit und Empathie" mit "Konsequenz und Rechtsstaatlichkeit" zu verbinden.
Teuteberg soll im Osten und bei Frauen punktenAußerdem wichtig vor den Landtagswahlen im Osten: Teuteberg ist aus Brandenburg. Und eine Frau. Davon hat die FDP zu wenige. Nicht einmal ein Viertel ihrer Bundestagsabgeordneten sind Frauen. Nur bei der AfD ist der Anteil der weiblichen Abgeordneten noch niedriger. Teuteberg will Frauen fördern, eine Quote lehnt sie ab. Sie hat angekündigt, sich stärker um die Frauen in der FDP zu bemühen und so die Partei für Frauen attraktiver zu machen.
Köhler will mit starker Rede in den BundesvorstandWie sollen diese Bemühungen aussehen? Das könnte Teuteberg in ihrer Rede am Samstag skizzieren. Für den Münchner Lukas Köhler wird es heute schon entscheidend. Nachmittags starten die Wahlen zum Bundesvorstand: "Meine Chancen hängen von den Delegierten ab, aber auch davon wie gut meine Rede wird."
Köhler hofft und mit ihm der bayerische Landesverband. Neben Köhler kandidieren zwei weitere Bayern: die Bundestagsabgeordnete Katja Hessel und der Landtagsabgeordnete Martin Hagen. Der Parteitag wird zeigen, wie grün die FDP sein kann - und welches Standing die Bayern in der Partei haben.