Ich finde es erst einmal begrüßenswert, im urbanen Raum mehr Vaginasymboliken zu sehen und auch in der Werbung mehr dementsprechende Repräsentationen. Leider richtet sich die von Ihnen produzierte Valentinstagskampagne, mit der ganz Berlin tapeziert zu sein scheint, klar an einen männlichen Blick, konkret: an Typen, die Muschis wollen und sich diese - so suggeriert es die Anzeige - „durch die Blume" kaufen können. Das ist leider nicht progressiv, sondern verortbar in einer Tradition, die den Wert einer Frau allein über ihren Körper und dessen sexuellen Nutzen für Männer definiert.
Die Objektifizierung weiblicher Körper wird durch ihre Anzeige sogar noch mehr zugespitzt als in den meisten Kampagnen, da nicht ‚nur' nackte Brüste oder sich lasziv räkelnde 18-jährige Mädchen wie in jeder beliebigen Werbung (siehe beispielsweise den aktuellen Spot der Parfummarke Chloé) abgebildet werden, sondern eine alleinige Reduktion auf das weibliche Geschlechtsteil stattfindet. Zugang zum weiblichen Geschlechtsteil als „Dankeschön" für den Kauf eines Blumenstraußes zu erhalten wird in der Anzeige als „Erfolg" bezeichnet. Dies spricht auch Bände über Ihr Männerbild - alle triebgesteuert und nur imstande, ihren Frauen etwas Gutes zu tun, wenn sie eine sexuelle Gegenleistung dafür erhalten -€ und über Ihr Verständnis von romantischen Zweierbeziehungen, die anscheinend nicht auf Zuneigung basieren sollen, sondern als körperlicher Tauschhandel mit unausgesprochenen Intentionen und hinterlistigen Aktionen, um an sein Ziel zu kommen.
Fragen, die mir beim Betrachten Ihrer Anzeige durch den Kopf schwirren: Arbeiten bei Ihnen in der Werbeentwicklung keine Frauen? Finden diese das witzig? Wenn ja, weshalb? Schießen Sie sich als Unternehmen, welches von einer Frau geleitet wird und laut Eigenaussage 85 % weibliche Kunden hat, durch solch eine Kampagne selbst nicht nur ethisch, sondern auch ökonomisch ins Knie? Kaufen Ihre Kundinnen zum Valentinstag keine Blumen? Wollen Sie diese verschrecken?
Eigentlich sollte ich für dieses Paradebeispiel an Sexismus in der Werbung vielleicht sogar dankbar sein, denn an ihm wird deutlich, dass dieser nicht nur Frauen, sondern alle Menschen trifft - so reduziert die Kampagne den Wert von Frauen nicht nur auf ihre Muschi, sondern suggeriert außerdem, dass Männer das alleinige Ziel verfolgen, Zugang zu dieser zu erhalten.
Insgesamt ist es aber einfach nur traurig, dass durch Ihre Anzeige dazu beigetragen wird, dass Körper als Aushandlungsort von geschlechtlichen Machtverhältnissen manifestiert werden. Dies benachteiligt alle Frauen - und damit alle eingeschlossen, die bei ihnen arbeiten oder mit ihnen verwandt, befreundet, verschwestert usw. sind.
Könnten wir die Gesellschaft nicht so viel schöner gestalten, wenn wir derartige stereotypische Rollenbilder brechen statt sie zu manifestieren?Freundliche Grüße,
Caren Miesenberger