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Spahn plant Studie zu psychischen Folgen von Abtreibungen | MDR.DE

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Untersuchungen zur psychologischen Verfassung von Frauen nach einem Schwangerschaftsabbruch kommen bisher vor allem aus anderen Ländern, etwa den USA.

In einer Untersuchung der Universität Kalifornien aus dem Jahr 2015 haben Wissenschaftler 956 Frauen in den gesamten USA über einen Zeitraum von fünf Jahren beobachtet. Dabei wurde eine Gruppe von Frauen, die abgetrieben haben, mit einer Gruppe Frauen, bei denen Kliniken die Abtreibung abgelehnt haben, verglichen. Das Ergebnis: Die befragten Frauen mit einer Abtreibung waren demnach nicht depressiver oder unzufriedener als diejenigen, die ihre Kinder ausgetragen hatten.

Das lasse sich auf Frauen hierzulande übertragen, sagt die Psychosomatikerin Anette Kersting von der Universität Leipzig. Eine Schwangerschaft zu beenden, sei für keine Frau leicht, sagt sie. Nicht wenige litten unter Schuldgefühlen, aber hier müsse zwischen psychischer Erkrankung nach einem Abbruch wie einer schweren Depression und anderen Symptome unterschieden werden. Leichtere depressive Verstimmungen und Schuldgefühle gehörten zur Verarbeitung eines Schwangerschaftsabbruchs mit dazu.

"Post-Abortion-Syndrom" widerlegt

Frauen, die abgetrieben haben, litten sehr wohl an krankhaften Depressionen, sagt hingegen Alexandra Linder von "Aktion Lebensrecht für Alle". Der Verein stützt sich unter anderem auf Untersuchungen der US-Forscherin Priscilla Coleman.

Sie hat 22 Studien ausgewertet und spricht von einem über 80 Prozent erhöhtem Risiko für Frauen, nach einem Abbruch depressiv zu werden. Befürworter dieser und anderer Studien sprechen von einem "Post-Abortion-Syndrom". "Es gibt viele Psychiater und Psychologen, die sagen, dass das "Post-Abortion-Syndrom" wirklich existiert und sehr eng mit einer posttraumatischen Belastungsstörung zusammenhängt", sagt Linder. Der Begriff sei erfunden, sagt die Berliner Sozialwissenschaftlerin Kirsten Achtelik und die Studien von Priscilla Coleman seien durch Metastudien widerlegt worden. Dort wurde demnach nicht untersucht, ob die Frauen vielleicht schon vorher Depressionen hatten. Außerdem sei nicht festgestellt worden, ob die Schwangerschaftsabbrüche freiwillig oder unter Druck der Familie erfolgt seien, erklärt die Sozialwissenschaftlerin. Unter solchen Umständen seien Depressionen wahrscheinlicher.

Gesellschaftliches Stigma bei Abtreibungen enorm

Eine weitere Studie, auf die sich die selbsternannten Lebensschützer stützen, stammt aus Neuseeland. Die Studie besagt, dass eine Abtreibung das Risiko für psychische Probleme nicht mindert, sondern eher fördert.

Die Frauen haben laut Studienmacher David Fergusson ein gesteigertes Risiko für Alkohol- und Drogenmissbrauch, aber auch für Suizid. "Offenbar schadet eine Abtreibung Frauen mit einer psychischen Belastung" zitiert Alexandra Linder vom Verein "Aktion Lebensrecht für Alle" aus der Studie. "Und auch da müsste man sich fragen, ob man Frauen eine Abtreibung zumuten möchte." Anders sieht das die Psychosomatikerin Anette Kerstin. Schlimm für die Frauen sei oft nicht der Abbruch selbst, sondern das gesellschaftliche Stigma, das immer noch daran hafte: "Frauen wird von der Gesellschaft zugeschrieben, dass eine Abtreibung eine Entscheidung ist, die sie nicht treffen dürfen. Die gesellschaftliche Diskussion wirkt sich sicherlich auch auf die Verarbeitung der Frauen aus."

Achtelik: Studie des Gesundheitsministerium falsches Signal

Sollte sich nun auch das Gesundheitsministerium mit einer solchen Studie befassen, könnte das den gesellschaftlichen Diskurs beeinflussen, fürchtet Sozialwissenschaftlerin Kirsten Achtelik:

Das sieht dann so aus, als gäbe es ein Wissens- und Handlungsdefizit, diesen armen Frauen zu helfen. Aber es gibt weder das eine noch das andere.

Kirsten Achtelik, Sozialwissenschaftlerin

Wie genau die neue Studie aussehen soll, dazu möchte das Bundesgesundheitsministerium noch keine Aussage machen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 09. Februar 2019 | 07:51 Uhr

Zuletzt aktualisiert: 09. Februar 2019, 05:00 Uhr

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