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Wenn Nastasia Grohe anruft, dann legen die Menschen am anderen Ende der Leitung häufig auf. Das ist sie gewohnt, denn nicht alle wollen an den Umfragen teilnehmen. Dabei verkaufen Grohe und ihre Kollegen nichts. Sie befragen ausgewählte Menschen dazu, wie sie denken, arbeiten und leben - derzeit für den sogenannten Sachsen-Anhalt-Monitor.
Seit 2001 gibt es das Marktforschungsinstitut Conoscope aus Leipzig. Seit rund fünf Jahren sei es immer schwieriger geworden, die passende Zielgruppe per Telefon zu erwischen, sagt Conoscope-Geschäftsführer Markus Schubert. "Am Ende braucht man noch den 18-Jährigen, der aus Sachsen-Anhalt kommt und in einer bestimmten Kleinstadt wohnt. Und den findet man einfach nicht." Manche Auftraggeber würden dann drängeln, weil sie gerne ihre fertige Studie hätten.
Wenn der Druck extrem steigt, kann ich mir vorstellen, dass man sich als Institut überlegt, wie man damit umgeht.
Markus Schubert, ConoscopeWie andere Institute damit umgehen, konnte Schubert nun im "Spiegel" nachlesen: Insidern zufolge sollen Umfragen gefälscht worden sein. Interviewer hätten demnach ganze Datensätze mit erfundenen Personen ausgebessert, teilweise mit Wissen der Marktforschungsinstitute.
Für Markus Schubert war das keine große Überraschung. Der 44-Jährige hat sich schon immer gefragt, wie manche Studien überhaupt zustande kommen: "Wie haben die es überhaupt geschafft, innerhalb von einem Monat 10.000 Fälle zu telefonieren!?" Sein Institut würde solch einen Auftrag gar nicht erst annehmen, "weil man das in der Zeit gar nicht schafft." Schubert beschäftigt je nach Auftrag acht bis 16 Interviewer, meistens Studenten oder Rentner. Um 10.000 Menschen per Telefon zu befragen, bräuchte sein Institut mindestens ein Jahr.
Aber nicht nur der Zeitdruck, auch der Preis sei entscheidend, ob ein Marktforschungsinstitut den Auftrag bekomme oder nicht. Schubert zahlt seinen Mitarbeitern einen festen Stundensatz. Den bekommen sie auch, wenn der Befragte auflegt. Andere zahlen erst für ein erfolgreiches Interview. Das fördere den Betrug, sagt Schubert. Meistens brächten die Kunden zudem unrealistische Vorstellungen mit. Die Marktforschungsinstitute müssten ehrlich mit ihren Daten umgehen, kontrollieren müssten das Schuberts Meinung nach die Verbände.
Ob eine Studie korrekt ist, kann nur das Unternehmen kontrollieren, das die Marktforschung in Auftrag gegeben hat, sagt Bernd Wachter vom Arbeitskreis Deutscher Markt- und Sozialforschungsinstitute (ADM) - einem Interessenverband, der über 70 Meinungsforschungsinstitute vertritt. Der ADM könne lediglich Richtlinien aufstellen und Rügen aussprechen. "Wir beenden die Kundenbeziehung und fordern zivilrechtlich Schadenersatz ein."
Einen Imageschaden für die deutschen Marktforschungsinstitute durch einzelne Betrugsfälle sieht Wachter nicht. Er und Markus Schubert hoffen, dass die Unternehmen nun eher bereit seien, für Qualität in der Marktforschung einen angemessenen Preis zu zahlen.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 04. Februar 2018 | 14:37 Uhr
Zuletzt aktualisiert: 04. Februar 2018, 15:05 Uhr