Auf Poliça ist Verlass. 2012 erschien ihr Debüt Give You the Ghost, 2014 folgte Shulamith und jetzt erblickt - wiederum zwei Jahre später - das dritte Album United Crushers das Licht der Welt. Und nicht nur die Veröffentlichungsintervalle der Band aus Minneapolis sind schön regelmäßig, auch musikalisch ist von Channy Leaneagh und Ryan Olson immer wieder ein neuer Testlauf für die Hörgewohnheiten zu erwarten. United Crushers macht in dieser Hinsicht einen deutlichen Schritt auf die Musikkonsumenten zu.
Das wichtigste Stilmittel der Band war und bleibt Channy Leaneaghs elektronisch verfremdete Stimme, die über der experimentellen Musik die Stimmung irgendwo zwischen Leid, Sehnsucht, Umstandsbewältigung und Frustration balanciert. In den Texten regieren seit jeher Gewalt, Ungerechtigkeit, Hegemonie, Dysbalance, Unbehagen und Überdruss. Alles in allem keine Musik für gute Laune. Vermeintlich zumindest. Denn trotz der düsteren Thematik klingt United Crushers von Anfang an erstaunlich gut gelaunt und im direkten Vergleich mit dem Vorgänger Shulamith fast euphorisch.
Wo damals abgesehen von Chain My Name die Songs Very Cruel, Spilling Lines und Tiff mal martialisch, mal frustriert und mal schlicht enttäuscht eine bedrohliche Atmosphäre schufen, beginnt das neue Album im Opener Summer Break mit luftig leichten Synthies, Drums, vereinzeltem Cymbaleinsatz und hohem Tempo. Und doch kommt die Stimmung genau dann in für Poliça üblichen Gegenden an, wenn auf den Songtext gehört wird (was durch die Vocoder- und Autotuneeffekte nicht immer ganz einfach ist). Thematisch dreht sich Summer Break um eine Art "Land of Broken Dreams", vom Kapitalismus zerfressen und sich selbst überlassen. Da kommt die musikalische Aufheiterung als Rettung gerade recht.
Als Channy Leaneaghs persönlicher Pick-me-up-Song führt Lime Habit diese Linie weiter. "I’ve a habit in life, keeping wild at reach / Gonna turn me into the type, shadow’s light never eats", das klingt kryptisch und ist es auch, aber was spricht schon gegen lyrische Aussagen, deren Verständnis herausfordert? Wedding ist Poliças Statement zu strukturellem Rassismus in den USA und Polizeigewalt gegen Schwarze, Baby Sucks rechnet mit der Musikbranche ab, Melting Block ist eine weitere Kapitalismuskritik. Vor den ganz großen Themen und Fragen hatten Leaneagh und Olson noch nie Erfurcht, nicht umsonst war Shulamith nach der Femnistin Shulamith Firestone benannt.
Bei aller neu entdeckten Fröhlichkeit in der Komposition bleibt streckenweise ein gewisser Trennungsschmerz übrig, denn trotz der mitunter erdrückenden Schwere auf Give You the Ghost und Shulamith zeigten diese Alben auch, wie gut sich Überdruss und Aufbegehren kultivieren lassen. Die für Poliça'sche Verhältnisse schon fast schmerzhaft poppige Anmutung von Someway, Baby Sucks oder Lately hebt zwar die Stimmung, nimmt den Texten aber auch gleichzeitig die Chance, in ganzer Konsequenz in den Gehirnen anzukommen.
Und dennoch: Die Lässigkeit, mit der Leaneagh und Olson auch auf ihrem dritten Album wieder Hörgewohnheiten im Sekundentakt über den Haufen werfen, aber gleichzeitig trotzdem zugänglich bleiben, ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Und Poliças geschärftes Sendungsbewusstsein verleiht ihrer besonderen Musik eine ordentliche Portion Relevanz. So ist United Crushers letztlich ein weiteres Album, das für das Erscheinungsjahr Maßstäbe setzt.
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Das wichtigste Stilmittel der Band war und bleibt Channy Leaneaghs elektronisch verfremdete Stimme, die über der experimentellen Musik die Stimmung irgendwo zwischen Leid, Sehnsucht, Umstandsbewältigung und Frustration balanciert. In den Texten regieren seit jeher Gewalt, Ungerechtigkeit, Hegemonie, Dysbalance, Unbehagen und Überdruss. Alles in allem keine Musik für gute Laune. Vermeintlich zumindest. Denn trotz der düsteren Thematik klingt United Crushers von Anfang an erstaunlich gut gelaunt und im direkten Vergleich mit dem Vorgänger Shulamith fast euphorisch.
Wo damals abgesehen von Chain My Name die Songs Very Cruel, Spilling Lines und Tiff mal martialisch, mal frustriert und mal schlicht enttäuscht eine bedrohliche Atmosphäre schufen, beginnt das neue Album im Opener Summer Break mit luftig leichten Synthies, Drums, vereinzeltem Cymbaleinsatz und hohem Tempo. Und doch kommt die Stimmung genau dann in für Poliça üblichen Gegenden an, wenn auf den Songtext gehört wird (was durch die Vocoder- und Autotuneeffekte nicht immer ganz einfach ist). Thematisch dreht sich Summer Break um eine Art "Land of Broken Dreams", vom Kapitalismus zerfressen und sich selbst überlassen. Da kommt die musikalische Aufheiterung als Rettung gerade recht.
Als Channy Leaneaghs persönlicher Pick-me-up-Song führt Lime Habit diese Linie weiter. "I’ve a habit in life, keeping wild at reach / Gonna turn me into the type, shadow’s light never eats", das klingt kryptisch und ist es auch, aber was spricht schon gegen lyrische Aussagen, deren Verständnis herausfordert? Wedding ist Poliças Statement zu strukturellem Rassismus in den USA und Polizeigewalt gegen Schwarze, Baby Sucks rechnet mit der Musikbranche ab, Melting Block ist eine weitere Kapitalismuskritik. Vor den ganz großen Themen und Fragen hatten Leaneagh und Olson noch nie Erfurcht, nicht umsonst war Shulamith nach der Femnistin Shulamith Firestone benannt.
Bei aller neu entdeckten Fröhlichkeit in der Komposition bleibt streckenweise ein gewisser Trennungsschmerz übrig, denn trotz der mitunter erdrückenden Schwere auf Give You the Ghost und Shulamith zeigten diese Alben auch, wie gut sich Überdruss und Aufbegehren kultivieren lassen. Die für Poliça'sche Verhältnisse schon fast schmerzhaft poppige Anmutung von Someway, Baby Sucks oder Lately hebt zwar die Stimmung, nimmt den Texten aber auch gleichzeitig die Chance, in ganzer Konsequenz in den Gehirnen anzukommen.
Und dennoch: Die Lässigkeit, mit der Leaneagh und Olson auch auf ihrem dritten Album wieder Hörgewohnheiten im Sekundentakt über den Haufen werfen, aber gleichzeitig trotzdem zugänglich bleiben, ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Und Poliças geschärftes Sendungsbewusstsein verleiht ihrer besonderen Musik eine ordentliche Portion Relevanz. So ist United Crushers letztlich ein weiteres Album, das für das Erscheinungsjahr Maßstäbe setzt.
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