11.10.16 | Die Plattenbausiedlung im Leipziger Stadtteil Paunsdorf ist eine Gegend, in der viele Ausländer leben, darunter auch Asylbewerber in mehreren Heimen. Anwohner erzählen, nächtliche Polizeieinsätze seien hier keine Seltenheit. Aber die Festnahme des terrorverdächtigen Syrers Dschaber al-Bakr sorgt am Tag danach für Gesprächsstoff in der Nachbarschaft. Sorge und auch ein bisschen Aufregung sind zu spüren. Und die Menschen bewundern ihren Nachbarn und zwei weitere Syrer, die den Verdächtigen erkannt, festgehalten und der Polizei übergeben haben. "Alle Achtung", sagen die einen, "mutig" die anderen.
Auch Syrer sind vereinzelt am Supermarkt an der Straßenbahnhaltestelle und vor der nahen Flüchtlingsunterkunft anzutreffen. Dass der nächtliche Einsatz mit ihrem terrorverdächtigen Landsmann zu tun hatte und Syrer bei der Festnahme geholfen haben, haben sie erst im Laufe des Tages mitbekommen - auch Assem Abu Shakra und seine Mutter. Sie sind aus Damaskus geflohen und kommen gerade aus einem Laden, der gebrauchte Möbel zu günstigen Preisen anbietet. Er sagt:
Wir sind vor dem Krieg weggelaufen, wir sind vor diesen Terroristen in Syrien geflohen. Und jetzt hier in Deutschland wollen wir natürlich nicht wieder unter den gleichen Umständen leben.
Assem Abu ShakraAbu Shakra ist beeindruckt vom Einsatz der drei Syrer und hofft, dass ihr Handeln einen positiven Nebeneffekt hat: "Ich und auch meine Mutter denken, dass war sehr mutig, zu entscheiden, diesen Mann zu fangen. Sie haben ein gutes Bild von Syrern gezeichnet."
Viele Leute hier in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen denken, dass Flüchtlinge Terroristen sind und Probleme machen wollen. Was jetzt passiert ist, zeigt einmal mehr, dass nicht alle so sind.
Assem Abu ShakraDen Anti-Terror-Einsatz hat auch Hassan Zeinel Abidine verfolgt, selbst Syrer und Vorsitzender der Vereins Leipziger Syrienhilfe. Er lebt seit mehr als 50 Jahren in Leipzig.
"Da gehört viel Mut dazu, solchen Menschen Einhalt zu gebieten, die Terror ausüben wollen", sagt Hassan Zeinel Abidine. "Und ich denke, es gehört auch dazu, dass die Gesellschaft diese Menschen würdigt. Zumindest eine Ehrenurkunde ist schon eine gute Sache." Es seien Syrer, die Syrern Einhalt geboten hätten, und das sei auch ein Zeichen dafür, dass viele Syrer nicht mit solchem Terror einverstanden seien.
Zumindest Dankesworte von Politikern hat es am Montag gegeben. Ob diese die drei helfenden Syrer schon erreicht haben, ist unklar. Zunächst wurden sie als Zeugen vernommen. Wer hinter den Helden von Leipzig steckt, als die sie bereits bezeichnet werden, ist bisher ein Geheimnis. Geht es nach der Polizei, soll es das auch bleiben. Jörg Michaelis, Präsident des Landeskriminalamtes Sachsen:
"Es besteht derzeit ein ausdrückliches Interesse, die Hinweisgeber nicht in Gefahr zu begeben. Die Umstände, wie sie ihn erkannt haben, sind natürlich Gegenstand des Ermittlungsverfahrens und hier gibt es einen Vorbehalt des Generalbundesanwaltes", erklärte Michaelis am Montag.
Sie werden als Zeugen vernommen und Erkenntnisse aus den Zeugenvernehmungen, die kann ich hier nicht preisgeben.
Jörg Michaelis | Präsident des Landeskriminalamtes SachsenUm die drei Syrer und auch ihre Familien zu schützen, will die Polizei zumindest vorerst nicht mehr über ihre Helfer mitteilen. Auch, ob diese in die Wohnung am Einsatzort zurückkehren oder zur Sicherheit woanders untergebracht werden, wollte die Polizei zunächst nicht beantworten.