Absolventen aufgepasst: Initiative "Teach First"
Die Bildungsinitiative "Teach First" sucht Lehrkräfte, die Geflüchtete dabei unterstützen, auch sprachlich und mit einem Schulabschluss hier in Deutschland anzukommen. Bis 22. Februar könnt ihr euch bewerben. Sebastian Emanuel Oberbillig engagiert sich bereits als Fellow bei Teach First. Er stellt sich euch vor und berichtet exklusiv von seinen Erfahrungen.
Seid mutig und bewerbt euch bis 22. Februar als Lehrkraft bei Teach First (Bild: Teach First)
Diepes: Wie kamst du dazu, im Rahmen der Initiative Teach First zu unterrichten und seit wann bist du dabei?
Oberbillig:
Ich bin seit Juli 2014 bei Teach First Deutschland. Aufgewachsen bin
ich im Großraum Paris. Als kleiner Junge habe ich den
radikalislamistischen Terroranschlag vom 25. Juli 1995 in der S-Bahn
hautnah miterlebt. An was ich mich sehr gut erinnere, ist, wie die
meisten Franzosen ohne Migrationshintergrund damals die vielen Millionen
Mitbürger mit (nordafrikanischem) Migrationshintergrund unter
Generalverdacht stellten. Nach meinem Studium der Politik- und
Kommunikationswissenschaften wurde mir klar: Ich möchte einen Beruf
ausüben, bei dem ich jeden Tag für hilfsbedürftige Menschen da sein kann
und sehr unmittelbar ein positives Ergebnis sehe. Da kam Teach First
nun gerade richtig und ich wusste sofort: Genau das will ich die
nächsten zwei Jahre machen.
Der Unterricht im Klassenraum bringt viele tolle Situationen und Herausforderungen mit sich (Bild: Teach First)
Diepes: Welche Tipps hast du für unsere Leser, die sich für Teach First bewerben wollen?
Oberbillig:
Ihr solltet euch darauf einstellen, im Bewerbungsverfahren unter
anderem auch auf Euren Umgang mit verhaltensauffälligen Schülern/innen
getestet zu werden. Das kann durch ein Frage-Antwort-Spiel sein oder
auch durch ein kleines Rollenspiel. Dieser Test macht in meinen Augen
sehr viel Sinn. Man braucht als Teach-First-Lehrkraft eine gewisse
Beharrlichkeit und es gibt regelmäßig herausfordernde Situationen
hinsichtlich des Klassenmanagements und des Umgangs mit Schülern/innen.
Auch souveräne Lehrer/innen mit langjähriger Berufserfahrung erzählen
oft von Situationen, in denen Schüler/innen austesten, wie weit sie
gehen können. Ihr solltet euch nur dann bewerben, wenn ihr glaubt,
dieser ständigen Herausforderung gewachsen zu sein.
Tagesplan mit Lerneinheiten und Freizeitaktivitäten der Teilnehmern eines Teach-First-Lernprojekts (Bild: S. E. Oberbillig)
Diepes: Wie sind deine Erfahrungen mit der Initiative?
Oberbillig:
Was mich neben den verborgenen Talenten vieler Schüler/innen am meisten
begeistert, sind definitiv die Kollegen/innen. Es macht Spaß, mit
Leuten zusammenzuarbeiten, die nicht nur sehr intelligent sind und
eigentlich alle mindestens drei bis vier Sprachen sprechen, sondern die
darüber hinaus von vielen spannenden Projekten erzählen, die sie auf der
ganzen Welt umgesetzt haben. Die Teach-First-Lehrkräfte sind alle
neugierig auf Menschen mit anderem kulturellen Hintergrund. Neben dem
Unterricht in der Einsatzschule und der Projektarbeit absolvieren wir
verschiedene Fortbildungen. Diese zeichnen sich durch eine große
menschliche Wärme der Teach-First-Gemeinschaft aus – ein schönes Gefühl.
Diepes: Was sind die schönen Seiten deiner Tätigkeit und wo liegen die Herausforderungen? Oberbillig: Es ist schön, zu sehen, wie viel wir durch unser Engagement bei den Schülern/innen unserer Einsatzschulen bewirken. Derzeit hat leider noch immer eines von 14 Kindern keinen Schulabschluss. An den TFD-Einsatzschulen, die meist in sozialen Brennpunkten liegen, ist diese Quote deutlich höher. Zum Beginn meiner Tätigkeit an einer Werkrealschule in Leonberg hatte ich immer wieder das Gefühl, gegen Mauern zu rennen. Viele Schüler/innen glauben dort leider nicht an sich. Es ist teils sehr anstrengend, ihnen bewusst zu machen, dass viel mehr in ihnen steckt, als sie selbst denken. Am Ende haben einige ihre Prüfungen sogar mit einer 1 vor dem Komma abgeschlossen – eine Note, die an meiner Einsatzschule von den meisten Schülern/innen bislang als außerirdisch gut und nahezu unerreichbar wahrgenommen wurde.
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