Zwei Jahre nach der Einführung des Antisauftourismus-Gesetzes hat Mallorca erste Bars am Ballermann geschlossen. Andreu Serra ist Tourismusdezernent auf der Insel. Im Interview spricht er über den falschen Eindruck, den viele von Mallorca haben, die Zukunft im Premiumtourismus, und erklärt, warum deutsche Urlauber weiterhin ausdrücklich willkommen sind.
Andreu Serra
ist seit 2019 Tourismusdezernent beim Inselrat auf Mallorca.
ZEIT ONLINE: Herr Serra, wo verbringen Sie ihre Ferien?
Andreu Serra: Ich bin gern Tourist wie viele andere auch. Ich reise zum Beispiel oft nach Andalusien. Aber wenn Sie fragen, ob ich meine Insel gern verlasse, muss ich sagen: Nein. ist wunderschön. Aber die Insel ist eben meine Heimat und ich freue mich auch darüber, Neues zu entdecken.
ZEIT ONLINE: Sie sind in den Siebzigerjahren in Palma de Mallorca geboren. Wie hat der Tourismus die Insel seither verändert?
Serra: Vor allem die Erwartungen der Besucher haben sich verändert. In den Achtziger- und Neunzigerjahren wollten die Menschen, die hierherkamen, überwiegend Sonne und Meer. In den letzten Jahren sehen wir eine andere Entwicklung: Es gibt viel mehr Interesse an der Kultur der Mallorquiner, der Küche, den Traditionen. Viele Touristen von heute interessieren sich für den Ort, an dem sie ihren Urlaub verbringen.
ZEIT ONLINE: ...aber es gibt auch den Partytourismus. Besonders deutsche und englische Touristen kommen doch noch immer nach Mallorca, um nachts günstig zu feiern und dann den Tag am Strand zu verbringen.
Serra: Ja, es gibt diese Touristen. Aber vergessen Sie nicht, dass es sich um eine sehr kleine Gruppe handelt. Teile der Playa de la Palma, von Magaluf und El Arenal: Die Feierexzesse finden praktisch nur auf einigen wenigen Straßen von Mallorca statt. In Zahlen gesprochen: Nur etwa ein Prozent der Touristen, die auf die Insel kommen, sind Partytouristen. Das Bild, was nach außen dringt, ist ziemlich verzerrt.
ZEIT ONLINE: Zuletzt bekam ein Kegelverein aus Münster viel Aufmerksamkeit in den deutschen Medien. 13 Deutschen wird vorgeworfen, sie hätten vom Balkon ihrer Hotelzimmer brennende Zigaretten und Alkohol auf das Schilfdach der Terrasse einer darunterliegenden Gaststätte geworfen und damit einen schweren Brand verursacht. Das spricht jetzt nicht unbedingt für das Bild der Kulturtouristen.
Serra: Das trägt natürlich zu einem schlechten Bild der Insel bei. Genau deshalb haben wir Schritte unternommen, um so ein Verhalten einzuschränken. Seit 2020 ist ein Gesetz in Kraft, das in diesen Zonen, die vom Partytourismus geprägt sind, greift. Zuletzt gab es Schließungen mehrerer Bars in Magaluf und am Strand von Palma.
ZEIT ONLINE: Das Antisauftourismus-Gesetz. Darin sind in bestimmten Zonen etwa pub crawls, Flatratetrinken und Happy Hours verboten. Außerdem müssen Geschäfte, die Alkohol verkaufen, zwischen 21:30 und 8:00 Uhr morgens geschlossen bleiben. Wer dagegen verstößt, muss mit empfindlichen Sanktionen rechnen: bis zu 600.000 Euro Geldstrafen und Ladenschließungen über einen Zeitraum von bis zu drei Jahren. Wieso schließen sie erst jetzt, zwei Jahre nach der Gesetzeseinführung, erste Geschäfte?
Serra: In den letzten zwei Pandemiejahren hatten wir kaum Tourismus. Wir sind mitten ist der ersten Hochsaison, in der es wieder richtig voll ist. Und wir nutzen diesen Neuanfang, um direkt zu zeigen, dass es nicht einfach so weiter geht. Die Schließungen sind ein Signal an Betreiber wie Urlauber: Schlechtes Verhalten hat Konsequenzen. Was ihr zu Hause nicht dürft, könnt ihr auch auf Mallorca nicht einfach ausleben. Obwohl ich nochmal betonen möchte: Die große Mehrheit der Deutschen, die nach Mallorca kommen, verhält sich fantastisch. Und sie ist auch weiterhin ausdrücklich willkommen.