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Union Berlin strebt gegen Köln versöhnlichen Jahresausklang an

Ein letztes Mal Bundesliga im Jahr 2023: Am Mittwoch empfängt der 1. FC Union Berlin den 1. FC Köln. FCU-Coach Bjelica baut auf den Charakter seiner Spieler und hofft auf ein Erfolgserlebnis. Heimkehrer Baumgart erwartet ein hitziges Duell. Von Anton Fahl

Fakten zum Spiel

  • Der 1. FC Union Berlin hat in der Bundesliga noch nie gegen den 1. FC Köln verloren (sechs Siege, zwei Unentschieden).
  • Wettbewerbsübergreifend hat Köln sogar seit zehn Pflichtspielen nicht mehr gegen die Köpenicker gewonnen (drei Remis, sieben Niederlagen).
  • Die Top-Torjäger der beiden Vereine - Kevin Behrens und Robin Gosens (FCU) sowie Davie Selke (FC Köln) - kommen bislang jeweils nur auf vier Saison-Tore. Einerseits würde Selke mit einem fünften Treffer einen neuen persönlichen Hinrunden-Bestwert aufstellen. Andererseits hat der Ex-Herthaner noch nie gegen Union geknipst.
  • Union hat nur drei der ersten 14 Bundesliga-Spiele gewonnen. Zum gleichen Zeitpunkt waren es in den vorherigen Spielzeiten immer mindestens doppelt so viele Siege.
  • Der 1. FC Köln konnte in der Liga bis dato sogar nur zwei Spiele siegreich gestalten. Zehn Punkte nach 15 Bundesliga-Spieltagen sind die historisch drittschwächste Zwischenbilanz der Rheinländer - nur in den Abstiegs-Saisons 2017/18 und 2003/04 hatten die Kölner so spät in der Saison noch weniger Zähler gesammelt.

    So läuft es sportlich in Köln

Fakt ist: Der Druck steigt - nicht nur in Köpenick, sondern auch in Köln. Aktuell belegt der Effzeh den 16. Platz der Bundesliga-Tabelle - mit gleicher Punkteausbeute (zehn Zähler) und identischer Tordifferenz (-16) wie der 1. FC Union (15. Platz), der allerdings noch das Nachhol-Spiel beim FC Bayern München in der Hinterhand hat. Zuletzt blieben die Kölner zwei Mal in Folge ohne Sieg und ohne eigenen Torerfolg - und nach aktuellem Stand der Dinge stellt die Mannschaft von Trainer Steffen Baumgart mit zehn Toren nach 15 Spielen die harmloseste Offensive der Liga. Aus Köpenicker Sicht besonders vielversprechend: In der Bundesliga hat der FCU noch nie gegen Köln verloren (sechs Siege, zwei Unentschieden) - am Mittwochabend (18:30 Uhr) ist also Unions Lieblingsgegner im ausverkauften Stadion an der Alten Försterei zu Gast.

"Zehn Punkte aus 15 Spielen sind nicht ausreichend. Wir haben noch ein Spiel [vor der Winterpause, Anm. d. Red.]. Da ist es elementar, dass wir zu Punkten kommen", sagte Christian Keller, Kölns Geschäftsführer Sport, jüngst mit Hinblick auf die Partie bei Union. Die Rückkehr nach Berlin ist für Köln-Coach Steffen Baumgart - Ex-Union-Kapitän und Wahl-Köpenicker - in jedem Fall richtungs- und zukunftsweisend. Eine Entlassung im Falle einer Niederlage ist alles andere als ausgeschlossen.

"Die sportliche Lage ist verheerend", sagt Marc Merten, Gründer und Chefredakteur des "Geissblog", einem Online-Portal für Fans des 1. FC Köln. "Wenig bis nichts von dem, was den Effzeh unter Baumgart für zwei Jahre ausgezeichnet hat, funktioniert noch. Es gibt im Kader riesige Lücken, für die Baumgart allerdings nichts kann. Es gibt aber auch taktische und spielerische Defizite, die natürlich in seinem Aufgabenfeld liegen."

Das bewegt die Fans

"Das ganz große Thema, das seit Ende März wie ein Damoklesschwert über dem Effzeh schwebt, ist die Transfer-Sperre", sagt Köln-Experte Merten. Im März diesen Jahres entschied der Fußball-Weltverband FIFA, dass der Verein in zwei Wechsel-Perioden keine neuen Spieler verpflichten darf.

Auslöser dafür war der Transfer des slowenischen Nachwuchs-Stürmers Jaka Cuber-Potocnik, der im Januar 2022, Angaben des 1. FC Köln zufolge "wegen zahlreicher Vertragsverletzungen seitens des Klubs", seinen Vertrag bei Olimpija Ljubljana gekündigt hatte und anschließend an den Rhein gewechselt war. Dem FC Köln wurde daraufhin vorgeworfen, den Spieler zum Vertragsbruch angestiftet zu haben.

In den kommenden Tagen wird eine endgültige Entscheidung des Internationalen Sportgerichtshofes CAS erwartet. Dann soll feststehen, ob der 1. FC Köln schon in diesem Winter wieder neue Spieler unter Vertrag nehmen darf. "In der jetzigen Situation ist das eine Schlüssel-Frage", befindet Merten.

Trainer Baumgart gab sich auf der Pressekonferenz vor dem Gastspiel in Berlin in dieser Causa betont gelassen. Er wolle sich nicht an Spekulationen beteiligen. "Wir wissen noch nicht, wie das Urteil ausgeht. Trotzdem machen wir unsere Hausaufgaben. Und das, was ich sage und was wir verbessern können, hat nichts damit zu tun, neue Leute zu holen."

Auf diesen Spieler muss Union achten

Ein Lachen kann sich Marc Merten nicht verkneifen, als er nach Kickern gefragt wird, die aktuell auf Seiten der Kölner positiv herausstechen. Mit einer fachlichen Einschätzung dient er dann aber doch: "Jan Thielmann ist für mich einer der wichtigsten Spieler beim Effzeh. Er lebt alles vor, was den Fußball unter Baumgart auszeichnet und was die Mannschaft braucht: den absoluten Willen und auch, wenn es mal nicht läuft, sich in jeden Zweikampf reinzuwerfen und mit Tempo den Weg nach vorne zu suchen."

Der deutsche U21-Nationalspieler sei nicht nur "einer von Baumgarts Lieblingsspielern, sondern einer der ganz wenigen, die wirklich versuchen, mitreißenden Fußball zu spielen. Er kann einer sein, der den Effzeh aus der aktuellen Situation herausreißt."

Aufgrund einer Knieverletzung kam Offensivspieler Thielmann, der 2019 mit der U17 des 1. FC Köln die Deutsche Meisterschaft gewann, in der laufenden Saison jedoch erst in sechs Bundesliga-Spielen zum Zug.

Die Stimmen der Trainer

Nenad Bjelica (1. FC Union Berlin): "Wir spielen in unserem Haus, wir spielen vor unseren Fans - ausverkauftes Stadion. Das ist eine große Motivation für jeden Einzelnen. Gerade nach so einem Herbst, der nicht der beste war, wäre es sehr schön, mit einem Sieg in den Urlaub zu gehen - für jeden, der für den Verein arbeitet und diesen Verein liebt."

Steffen Baumgart (1. FC Köln): "Es sind zwei Mannschaften, die nicht nur von der Tabellen-Situation gleich dastehen. Beiden geht der Arsch auf Grundeis, um es mal deutlich zu sagen. Wer die Alte Försterei kennt, der weiß, dass es da brennen wird. Wir müssen dagegenhalten."

So könnte Union spielen

Nenad Bjelica wurde auf der Spieltags-Pressekonferenz am Dienstag deutlich: "Wir spielen gegen den Abstieg. Es ist nicht einfach. Der Verein hat die letzten Jahre immer um die oberen Tabellenplätze gespielt", so der FCU-Coach. "In schwierigen Phasen zeigt jeder seinen Charakter - und es zeigt sich, wer mit dieser Situation umgehen kann. Die Spieler, die bereit sind, den Abstiegskampf anzunehmen, werden in der Rückrunde willkommen sein. Erstmal haben wir aber noch ein Spiel, das sehr wichtig ist für uns - und dieses Spiel wollen wir positiv bestreiten."

Danilho Doekhi und Robin Gosens müssen am Mittwoch verletzungsbedingt passen. Lucas Tousart und David Datro Fofana - zuletzt gegen Mönchengladbach und in Bochum außen vor - seien dagegen nach überzeugenden Trainingsleistungen zumindest wieder Kandidaten für Kaderplätze, so Bjelica. "Wir werden sehen, wie viel wir rotieren werden. Vom Bochum-Spiel sind alle fit, alle haben gut trainiert und fühlen sich gut. Ich sehe keine Müdigkeit. Es geht aber nicht nur um die körperliche, sondern auch um die emotionale Müdigkeit - und Madrid hat uns schon wehgetan in diesem Bereich."

Unions mögliche Startelf: Rönnow - Juranovic, Knoche, Leite, Roussillon - Khedira - Becker, Volland, Laidouni, Hollerbach - Behrens

Die Prognose

Die Einschätzung des Gegner-Experten: "Der Effzeh hat in der Bundesliga noch nie gegen Union gewonnen. Ich persönlich habe auch noch kein gutes Spiel von uns an der Alten Försterei gesehen", sagt Marc Merten. Was ihm dennoch Hoffnung macht? Unions Niederlage in Bochum. "Ich glaube, die Chance war für den Effzeh noch nie so gut, in der Bundesliga bei Union zu gewinnen. Beide Mannschaften sind sich des Stellenwerts dieses Spiels bewusst. Ich könnte mir gut vorstellen, dass die Kölner zum ersten Mal an der Alten Försterei gewinnen."

Der Redaktionstipp: Die Unioner setzen ihre Serie gegen den 1. FC Köln fort, gewinnen 2:1 und verabschieden sich mit einem Erfolgserlebnis in die kurze Winterpause.

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