Ante, das WM-Endspiel zwischen Frankreich und Kroatien liegt nun fast zwei Wochen zurück. Wie gut hast du die Final-Niederlage der Kroaten schon verdaut?
Schon kurz nach dem verlorenen Endspiel hat ein Umdenken in Kroatien stattgefunden: Wir sehen es nicht so, dass wir das Finale verloren haben. Wir sind vielmehr stolz darauf, Vize-Weltmeister zu sein. Das ist ein Riesen-Erfolg für solch ein kleines Land! Es ist sogar so: Wenn man die Feierlichkeiten der Franzosen mit denen der Kroaten vergleicht, könnte man fast denken, Kroatien wäre Weltmeister geworden. Die kroatischen Spieler haben in ihrer Heimat Heldenstatus erlangt. Und wieder mal hat sich gezeigt, was auch schon während der WM 2006 in Deutschland zu beobachten war: Dieser Sport kann eine ganze Nation vereinen. Das ist Wahnsinn!
Nun wird es Zeit, den Blick nach vorne zu richten. Am Freitag (27.07.18, 19:00 Uhr) eröffnet ihr in Nordhausen die neue Saison der Regionalliga Nordost. Wie groß ist deine Vorfreude?
Sehr groß! Wir stehen schließlich vor einer speziellen Spielzeit, da wir - als Regionalliga Nordost - erstmals nach vielen Jahren wieder einen direkten Aufsteiger in die 3. Liga stellen dürfen. Das spiegelt sich auch darin wider, wie die Teams im Sommer teilweise aufgerüstet haben. Es wird ein brutal schwieriges Jahr für uns! Trotzdem rücken wir nicht von unserem Credo ab. Wir sind eine 'Ausbildungsmannschaft', was bedeutet, dass wir unsere Jungs weiterentwickeln und ihnen die Möglichkeit geben, im Männer-Bereich Fuß zu fassen. Und mit dieser Ausrichtung haben wir in den letzten Jahren große Erfolge verbucht, indem enorm viele Spieler den Sprung aus der U23 zu den Profis geschafft haben. Diesen Weg wollen wir weitergehen.
Ihr habt euch einen guten Monat auf die neue Spielzeit vorbereitet. Von euren fünf Testspielen habt ihr drei gewonnen (ein Unentschieden, eine Niederlage). Welche Schlüsse ziehst du aus der Vorbereitung?
Wir haben gegen ordentliche Gegner eine ordentliche Bilanz eingefahren. Die Schwierigkeit besteht für mich wie jedes Jahr darin, eine fast komplett neue Mannschaft zu formieren, die sich erst noch einspielen muss. Außerdem wird es entscheidend sein, die Profis, die Pál Dárdai nun zu mir 'heruntergeschickt' hat, aufzubauen und ihnen klarzumachen, dass sie die Ärmel hochkrempeln müssen. Es ist nun mal so, du darfst als Sportler keine Zeit in Mitleid verschenken. Im Gegenteil: Die Jungs müssen jetzt umso härter arbeiten, um sich bei Pál anzubieten. Klar ist nämlich auch, dass ihnen weiterhin alle Türen offenstehen. Es ist alles andere als ausgeschlossen, dass sie im Laufe der Saison wieder zum Profi-Kader stoßen.
Du sprachst bereits von einem "brutal
schwierigen Jahr", das vor euch liegt. Mit welchen Erwartungen gehst du
in die neue Saison?
In der abgelaufenen
Spielzeit war der FC Energie Cottbus der klare Favorit auf den Aufstieg.
Das ist in diesem Jahr anders. Diese Saison gibt es in meinen Augen
sechs bis sieben Teams, die oben mitspielen werden und um den Aufstieg
spielen können. Die Liga ist also insgesamt ausgeglichener geworden. Für
uns wird es darauf ankommen, von Anfang an Punkte zu sammeln, sodass
wir hinten raus nicht in eine gefährliche Situation geraten. Dennoch ist
es völlig logisch, dass eine junge Mannschaft, die sich erst noch
finden muss, im Laufe einer Saison immer gefestigter wird. Das hat man
auch bei uns in den letzten Jahren gesehen: Wir waren in der Rückrunde
immer besser als in der Hinrunde.
Welche Ziele habt ihr euch als Mannschaft gesetzt?
In
erster Linie möchten wir mit dem Abstieg nichts zu tun haben. Wenn man
sieht, über welch große Etats manche Vereine in der Regionalliga
mittlerweile verfügen, kann es für uns vorerst gar kein anderes Ziel
geben. Bei uns geht es nicht um einen möglichen Aufstieg, sondern allein
um die Entwicklung unserer Spieler. Auch dieses Jahr wollen wir es
schaffen, zwei oder drei Jungs im Kader zu haben, die sich so sehr in
den Fokus spielen, dass Pál über sie nachdenken muss. Sofern uns das
gelingt, haben wir einen guten Job gemacht. Diese Tür steht allen
Spielern offen, ich werde einen Teufel tun, hier Namen zu nennen, denen
ich den Sprung am meisten zutraue. Die Devise in unserer Kabine lautet:
Fleiß schlägt Talent!
Du gehst in deine fünfte komplette
Spielzeit als Cheftrainer der U23. Im November 2013 hast du das Team
übernommen, als es mit dem Rücken zur Wand stand. Am Ende der Saison
2013/14 habt ihr dennoch die Klasse gehalten. Seitdem ging es stetig
bergauf: In den vergangenen drei Jahren habt ihr jeweils 48
Zähler gesammelt. Die 50-Punkte-Marke wird langsam mal fällig...
Das
ist auf jeden Fall etwas, was wir uns fest vornehmen und was wir im
Hinterkopf haben. Erstmal wollen wir aber die 40-Punkte-Marke erreichen
(lacht). Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass die Jungs zum Ende
der Saison auf die Weide wollen. Es gibt nämlich immer Spieler, die
schon vor Saisonende wissen, dass sie den Verein wechseln und dadurch
mit angezogener Handbremse spielen. Wenn diese Jungs sich also im Klaren
darüber sind, dass ihr Weg bei uns für sie zu Ende geht, ist es für uns
als Trainerteam sehr schwierig, sie weiterhin anzustacheln und zu
motivieren. Dadurch kann es also passieren, dass wir ein paar Spieltage
'herschenken'.
Es ist für dich längst nichts neues
mehr: Wieder mal hast du einen fast komplett neuen Kader. Einige
A-Jugend-Meister stoßen in diesem Jahr zur U23, aber auch einige
'externe' Neuzugänge wurden verpflichtet, beispielsweise Niko
Bretschneider, Gordon Büch oder Irwin Pfeiffer, der in eurem letzten
Testspiel gegen die U23 des FC St. Pauli sogar als Kapitän aufgelaufen
ist. Was erhoffst du dir von den Neuzugängen?
Ich
habe Irwin die Binde gegeben, weil wir gegen seinen Ex-Verein gespielt
haben. Das ist in meinen Augen die perfekte Geste, um den ehemaligen
Kollegen zu zeigen, dass der Spieler die richtige Entscheidung getroffen
hat und von seinem neuen Club geschätzt wird. Von den Neuzugängen
erhoffe ich mir zum einen, dass jeder von ihnen Sprünge nach vorne
macht. Zum anderen, dass sie den Spielern, die schon lange für unseren
Verein aktiv sind, zeigen, in was für einem Paradies sie sich hier
befinden. Das Problem ist nämlich, dass es bei uns in der Akademie Jungs
gibt, die seit Jahren die Nachwuchsteams von Hertha durchlaufen.
Irgendwann erachten sie die Top-Voraussetzungen, die sie hier vorfinden,
als selbstverständlich an – das wird für sie zur Normalität. Und dann
kommen Spieler wie Irwin von St. Pauli oder Gordon vom TSV Buchbach
dazu, die jeden Tag aufs Neue in die Kabine kommen und sagen: "Boah,
habt ihr es hier gut!" Ich hoffe also, dass auch unsere langjährigen
Jugendspieler irgendwann dieses Aha-Erlebnis haben und sich sagen:
"Alter, das ist nicht normal, was wir hier für Bedingungen haben!"
Auch in dieser Saison nehmt ihr wieder
am Premier League International Cup teil – mit Sicherheit ein Highlight
des kommenden Jahres. Doch auch im Ligabetrieb gibt es in jeder
Spielzeit Höhepunkte und besondere Partien. Auf welche Begegnungen
freust du dich am meisten?
Mit dem FC
Rot-Weiß Erfurt und dem Chemnitzer FC spielen diese Saison zwei Vereine
in unserer Liga, deren Namen allein zum Aufstieg verpflichten. Auf diese
beiden Gegner freue ich mich von daher besonders. Gleichzeitig haben
aber auch Spiele gegen Teams wie den VfB Auerbach ihren Reiz. Und das
sage ich jetzt, ohne jemandem zu nahe treten zu wollen. Aber diese
Spiele zeigen einem immer, wie viele Facetten der Fußball hat. Da musst
du gegen mental starke Mannschaften kämpfen und Standards verteidigen.
Das hat man ja auch gerade bei der WM gesehen: Dort fielen 60 Prozent
der Tore nach Standards. Du kannst also schön spielen und viel
Ballbesitz haben – wenn du am Ende aber drei Gegentreffer nach Standards
schlucken musst, hilft dir das alles nichts. Und das gilt auch für
Spiele in der Regionalliga.