"Ich habe angefangen, Material zu sammeln über meine Großmutter und ihr Leben, ausgehend von einer Begegnung mit einem Freund, einem älteren Herrn, der ganz nüchtern Bilanz zog und mir sagte: 'Nina, alles ziemlich danebengegangen, mein Leben verfehlt, falsche Frau, die Kinder, das ist alles nicht gut gewesen und ich habe eigentlich keine Lust mehr, das zu beschönigen, ich habe es vertan.' Und ich ging an dem Abend nach Hause und war tief beeindruckt über diese Klarheit, und plötzlich fiel mir ein, dass das mit meiner Großmutter ebenso war. Und ich habe angefangen, Briefe zu lesen von ihr, ich habe einfach angefangen, um meine Großmutter mir Gedanken zu machen. Und plötzlich, bei den Aufzeichnungen, ich hatte noch nicht mal vor, ein Buch daraus zu schreiben. Aber bei dem Sammeln von Gedanken über meine Großmutter hat sich plötzlich ein Klang eingestellt. Und das ist bei mir immer das Zeichen: Jetzt geht was los. Und als dieser Klang da war, war die Form keine ausgesuchte mehr, sondern ich habe es dann einfach gemacht. Ich kann schlecht Auskunft geben über die Form, die ich wähle, weil ich nicht das Gefühl habe, sie zu wählen. Ich mache das so. Es ist mir nur so möglich. Und das ergab sich von Passage zu Passage."
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Nina Jäckle: "Stillhalten". 2017, Roman, Klöpfer & Meyer-Verlag, 190 Seiten, 20 Euro.