Nach zwanzig Jahren ist der Einsatz in Afghanistan mit schrecklichen Bildern zu Ende gegangen. Für diese Katastrophe trägt auch die deutsche Bundesregierung Verantwortung. Dass nun ausschließlich den deutschen Ortskräften geholfen werden soll, ist zynisch und falsch, kommentiert Antea Obinja.
Berlin. Es gibt Bilder, die vergisst man nicht: Vor 20 Jahren waren das die brennenden Zwillingstürme in New York, heute sind es die Aufnahmen von Menschen, die sich am Flughafen Kabul an startende Militärmaschinen klammern. Rückblickend erscheint der 11. September 2001 wie ein Omen: Damals wie heute stürzten verzweifelte Menschen aus großer Höhe in den Tod.
In ihrer Grausamkeit ähneln sich der Ausgangspunkt und das Ende der Afghanistan-Mission auf erschreckende Art und Weise. Und auch in den 20 Jahren dazwischen war wenig gut. Die Nato-Truppen haben Kriegsverbrechen in Afghanistan begangen. Mehr als 278.000 Menschen haben ihr Leben im Krieg in Afghanistan verloren, viele davon Zivilisten. Es mag zwar stimmen, wenn manchen sagen, dass der Einsatz nicht umsonst war. Das Ergebnis aber bleibt verheerend.
Der überhastete Abzug der Truppen war ein Desaster mit Ansage, für das auch die Bundesregierung die Verantwortung trägt. Warnungen, die es gab, wurden nicht gehört. Noch Anfang August forderte Innenminister Horst Seehofer (CSU) in einem Brief an die EU-Kommission, an Abschiebungen nach Afghanistan festzuhalten. Dabei hatten bereits die Botschafter der acht EU-Staaten in Kabul einen Abschiebestopp empfohlen.
Bundesregierung hat sich erpressbar gemacht – schon wieder
Während Außenminister Heiko Maas (SPD) nun in die Region reist, um für eine Zusammenarbeit mit Deutschland und der Europäischen Union zu werben, machen die Nachbarländer Afghanistans bereits die Grenzen dicht und schicken Flüchtlinge zurück. Die Menschen sitzen in der Falle.
Der Außenminister verkündet derweil, er wolle nur denjenigen bei der Ausreise helfen, die eine Zusage für die Aufnahme in Deutschland haben. Das ist zynisch und falsch, schließlich gilt das Asylrecht für alle Menschen, unabhängig vom Arbeitsvertrag.
Die Bundesregierung hat sich in Abhängigkeit von den Taliban begeben, und es ist nicht das erste Mal, dass sie sich erpressbar macht: Der türkische Präsident Erdogan droht immer wieder damit, Flüchtlinge nach Europa weiterzuschicken. Der belarussische Diktator Lukaschenko verfolgt eine ähnliche Stratege: Er schickte Flüchtlinge aus dem Irak durch Belarus in Richtung Polen, um so Druck auf die Europäische Union aufzubauen.
Schutzsuchende als Geiseln zu nehmen, ist zynisch und menschenverachtend. Wenn Deutschland und die EU damit Schluss machen wollen, bleibt nur ein Weg: endlich sichere Fluchtrouten nach Europa zu schaffen.
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