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Nachhaltig und regional: Einkaufen im Hofladen

Es ist eine kleine Idylle am Stadtrand Bielefelds: Nur wenige Hundert Meter von der belebten Verkehrskreuzung in Babenhausen-Süd entfernt, empfängt die Besucherinnen und Besucher des Köckerhofs eine entschleunigte Welt. Schweinegrunzen und Hühnergackern begleiten die Kundinnen und Kunden auf dem Weg von den Parkplätzen zu den zwei Hofläden, die in Scheunengebäuden am baumbestandenen Innenhof untergebracht sind. Spätestens beim Anblick des Zirkuswagencafés unter dem großen Walnussbaum wird deutlich, dass es hier um mehr als nur das reine Einkaufen geht. Denn nach dem Einkauf können die Tiere angeschaut, der frisch renovierte Sandkasten durchpflügt oder ein Stück Kuchen im Café genossen werden.

Hof in vierter Generation

Obwohl es sich bei dem Köckerhof um einen Familienbetrieb in vierter Generation handelt, ist der 33-jährige Bauer auch ein Unternehmensgründer: Erst Anfang des Jahres hat er den Naturkost-Hofladen von seiner Mutter übernommen. Wer den Bauernhof im Norden der Stadt besucht und in den beiden Hofläden einkauft, ahnt nicht, dass bis vor Kurzem vier getrennte Unternehmen dahinterstanden: Der Naturkostladen, der bis Ende 2021 Mutter Martina gehörte. Der Gemüseanbau sowie das Gemüsegeschäft, die der studierte Agrarwissenschaftler bereits Anfang 2020 von einem Pächter-Ehepaar übernahm. Und die Landwirtschaft und Tierhaltung, die nach wie vor von Vater Jochen betrieben werden.

Mit dazu gehöre mittelfristig auch die Landwirtschaft, da sein Bruder Julius, der in einer anderen Branche tätig ist, den Agrarbetrieb nicht übernehmen möchte. Genauso wie die Mutter unterstützt er aber seinen Bruder, wann immer es gefragt ist.

Nachfolge innerhalb der Familie

Nachfolgeregelungen innerhalb der Familie sind ein sensibles Thema. Neben dem Geschäftlichen spielen hier die familiären Bindungen und Gefühle eine große Rolle. Aus diesem Grund haben Mutter und Sohn beide externe Unternehmensberater mit ins Boot geholt: „Dadurch konnten wir den ganzen Prozess enorm versachlichen", berichtet Meyer zur Müdehorst.

Der Finanzexperte stand dem Jungunternehmer bereits bei der ersten Übernahme des Gemüseladens mit Rat und Tat zur Seite. „Gerade bei Übernahmen innerhalb der Familie, bei denen zum Beispiel auch erbrechtliche Fragen eine Rolle spielen können, empfehlen wir rechtzeitig mit Notaren, Steuerberatern und Rechtsanwälten zu kooperieren", so Stisser. Der Generationswechsel und der Unternehmenskauf, dessen Finanzierung erneut die Sparkasse Bielefeld übernahm, sind auch dank der externen Unterstützung nun geglückt. „Ich fühlte mich dabei stets gut unterstützt", resümiert Meyer zur Müdehorst.

Alle Mitarbeitenden übernommen

Als Pluspunkt erwies sich auch, dass der junge Landwirt den Betrieb und viele der Mitarbeitenden von klein auf kannte. Nach dem Studium arbeitete er zudem drei Jahre als angestellter Landwirt bei seinem Vater. „Ich freue mich, dass ich alle bisherigen Mitarbeitenden des Betriebs übernehmen konnte", so Meyer zur Müdehorst. Die Leitung der beiden Läden übertrug er zwei Mitarbeiterinnen. Die Personalführung für die 25 Angestellten sei durchaus „eine Herausforderung". „Ich gebe mein Bestes, mir alle Geburtstage zu merken", ergänzt er schmunzelnd.

Erfolg mit Bio-Produkten

Die Hofläden sind mittlerweile zur Haupteinnahmequelle des Hofes geworden. Damit liegt Meyer zur Müdehorst im Trend. Immer mehr Landwirte erschließen sich neben ihren klassischen Vertriebswegen zusätzliche Einnahmequellen - etwa durch Selbstvermarktung ihrer Produkte. Bereits Meyer zur Müdehorsts Eltern hatten den Betrieb vor über 30 Jahren auf biologische Landwirtschaft umgestellt. Etwa 40 verschiedene Gemüsesorten von Kohl, über Möhren bis zu Salat sowie Getreide werden auf dem insgesamt 55 Hektar großen Hof angebaut. Angebaut und gezüchtet wird nur, was in den Läden auch verkauft werden kann. Eine Ausnahme stellt nur das angebaute Getreide dar.

Umfangreiches Sortiment

Geschlachtet und grob zerlegt werden die hofeigenen Tiere in der nahegelegenen Landschlachterei Beier in Vilsendorf. Im Fleischverarbeitungsraum des Köckerhofs wird das Rind- und Schweinefleisch dann zu Schnitzeln, mariniertem Grillfleisch oder Steaks weiterverarbeitet. Die Eier im Verkauf stammen von den eigenen 750 Legehennen.

Anderes wird, wie auch die Backwaren oder Getränke, von regionalen Produzenten zugekauft. Zur Vervollständigung des Sortiments zählen aber auch importierte Früchte und Gemüse, wie Ananas, Orangen oder Avocados zum Angebot. Zu den Bio-Lebensmitteln kommt ein Basissortiment an Haushalts- und Körperpflege- und Kosmetikartikeln.

Wertschätzung für lokales Gemüse

Nachdem zu Anfang der Coronakrise der Hofladen förmlich überrannt wurde, hat sich das Einkaufsverhalten der Kundschaft mittlerweile wieder eingependelt. Nun wirken sich die Inflation und die gestiegenen Lebensmittelpreise auf den Hofverkauf aus. „Viele Kundinnen und Kunden, die wir während der Pandemie neu gewonnen hatten, bleiben nun weg oder kaufen weniger Bio-Produkte ein", so Meyer zur Müdehorst. Dennoch ist der Landwirt von den Vorteilen der direkten Vermarktung fest überzeugt. Hierbei fallen keine CO2- Emissionen durch lange Transportwege und auch kein Verpackungsmüll an. „Gerade deshalb werden die regionalen Produkte besonders wertgeschätzt und nachgefragt", berichtet Meyer zur Müdehorst. „Unser hier geerntetes Gemüse kennzeichnen wir mit einem speziellen Logo. So können unsere Kundinnen und Kunden auf einen Blick erkennen, ob es selbst angebaut, zugekauft oder importiert wurde." Prangt der grün-gelbe Köckerhof-Schriftzug an der Gemüsebox mit dem Blumenkohl, werde gleich mehr davon gekauft, stellt der Landwirt fest.

„Unsere Kundschaft schätzt die Frische und die kurzen Wege. Der Salatkopf der morgens 100 Meter entfernt geerntet wird, findet sich mittags schon im Laden wieder. Frischer und nachhaltiger geht es nicht."

Köckerhof, Babenhauser Str. 30, 33619 Bielefeld, www.koeckerhof.de Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 9-19 Uhr; Samstag 9-14 Uhr
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