Fast jeder von uns musste es schon einmal durchleben: Den Tod eines geliebten Menschen. Während wir die ersten Wochen, Monate oder sogar Jahre damit verbringen zu trauern, sind es vor allem die Erinnerungen, die es uns erleichtern mit dem Verlust umzugehen. Mit Fragments of Him durchleben wir den Tod des jungen Will und erfahren durch die zurückgelassenen Angehörigen, welche Eindrücke und Erinnerungen diese mit ihm verbinden.
Im narrativen Spiel durchleben wir durch Will's Partner, seine Ex-Freundin und die Großmutter verschiedenste Erinnerungen aus Will's Lebensabschnitten. So erzählt uns seine Ex-Freundin über die vergangene Beziehung und deren Problemen, seine Großmutter spricht über Akzeptanz und die Überwindung ihrer Homophobie und durch seinen Lebenspartner erfahren wir mehr über die gemeinsamen Erinnerungen der beiden.
Während wir mehr über Will's Leben erfahren übernehmen wir immer nur die Position des Beobachters, anstatt direkt in die Rolle der Angehörigen zu schlüpfen. Stilistisch hält es das Indie-Studio Sassybot mit grauen Farbtönen, undefinierten Gesichtern und minimalistischen Hintergründen sehr klar. Das bewirkt, dass wir uns als Spieler zwar in die Geschichte des jungen Mannes einbringen können, der Fokus liegt jedoch eher darin, dass wir die Geschichte eventuell auch auf Situationen aus unserem Leben beziehen können. So baut das Spiel mehr eine Beziehung mit dem Spieler auf, statt mit den Charakteren selbst. Die Einstellung zu dem Spiel wird dadurch sehr weit gefächert. Bei Spielern mit ähnlichen Hintergründen kann es eine sehr sehr emotionale Wirkung haben, während es auf Spieler die sich damit nicht identifizieren können eine sehr befremdliche Wirkung haben kann.
Das wird vor allem klar, wenn man darauf achtet wie stark eingeschränkt die Bewegungen und Aktionen unserer Spielfigur sind. So findet man sich beispielsweise im Wohnzimmer der Großmutter wieder, das gefüllt ist mit potentiellen Erinnerungen an Will's Kindheit und an seine Eltern. Die verfügbaren Aktionen werden hier jedoch auf einige simple Klicks, wie den auf einen weißen Bilderrahmen gelenkt, der uns nach einem Mausklick einige Zeilen aus der Vergangenheit zeigt. Die Spielmechaniken werden beim Spielen auf ein Minimum beschränkt, dafür wird der Fokus klar und deutlich auf die narrative Erzählweise gelenkt. Warum jedoch verbietet man den Spielern, sich noch mehr in die Geschichte einzufinden und lässt sie lediglich durch ein „Schlauchlevel" laufen? Dadurch wird die eigentlich so emotionale Atmosphäre getrübt und mit einem Zwang zum Weitergehen in die nächste Erinnerung überdeckt.
Fragments of Him erzählt eine emotionale Geschichte und erinnert uns daran, dass auch wir eines Tages einen für unsere Mitmenschen sichtbaren Fußabdruck auf dieser Welt hinterlassen. Während mich die Geschichte vor allem zum Ende hin stark berührte und tatsächlich mehrmals zum weinen brachte, ist es umso ärgerlicher das die Mechaniken des Spiels viel eher eine Störung sind, als das sie die Geschichte sinnvoll unterstützen. Oftmals fühlte ich mich gezwungen weiterzugehen, obwohl ich in den verschiedenen Abschnitten noch so viel von Will und seiner Geschichte hätte erfahren wollen. Auch die ab und zu eingeworfenen Dialogoptionen passen nicht zum scheinbaren Konzept des Spiels und haben mich oftmals aus der Atmosphäre geworfen.
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