Osnabrück. Der Bachmann-Preis 2015 hat Nora Gomringer nicht nur Freunde gemacht. Das erzählt die Lyrikerin im Interview vor ihrem Auftritt mit Jazz-Schlagzeuger Philipp Scholz in der kommenden Woche Osnabrück.
Ihr Programm heißt „Peng Peng Peng!". Müssen wir Angst haben?(lacht) Ne, das Programm hat viel mit dem tollen Schlagwerk zu tun, das Philipp Scholz spielt. Außerdem ist, wer „Peng Peng Peng!" ausspricht, schon mitten in der Lautmalerei und zum Experiment aufgefordert.
Schlagzeug und Lyrik, wie passt das zusammen?Die Stimme und die Trommel sind die zwei ältesten Instrumente der Welt. Das haben auch schon viele Menschen vor uns erkannt. Nicht nur im Hip-Hop, auch im Jazz ist das eine alte Tradition. Und der folgen wir. Wir sind beide begeisterte Hörer von Jazz.
Was macht Jazz so reizvoll?Der Jazz lässt der Stimme Raum und sieht sie als weiteres eigenständiges Instrument. Das empfinde ich als befreiend und auch unterhaltsam. Ich habe eine Gesangsausbildung und merke, dass ich in diese Freiheit passe.
Wie sind Sie und Philipp Scholz zueinander gekommen?Er ist Dozent für Jazz an der Leipziger Hochschule und ein sehr versierter junger Jazzer, mit dem es eine Freude ist, aufzutreten. Ich bin ihm auf der Frankfurter Buchmesse 2015 begegnet und habe gleich gesehen, dass er Schlagzeuger ist. Nicht nur, weil er so schöne Arme hat, sondern auch weil er ein Tattoo trägt, bei dem es um ungerade Notenwerte geht. Uns war gleich klar, dass wir zusammenarbeiten wollen.
Braucht die oft vernachlässigte Lyrik Performances auch, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen?Interessant, ich finde gar nicht, dass die Lyrik vernachlässigt wird. Ich persönlich empfinde Lyrik als die höchste, die wertvollste und vor allem die reichste Kunstform. Es gibt viel mehr Lyrik- als Prosafestivals. Genau dieselbe Frage höre ich jedes Mal. Und jedes Mal sage ich: Nö, so lange ihr fragt, wie es der Lyrik geht, atmet sie. Was klar weniger wird, ist das Selbstverständnis der Verlage, Lyrikreihen aufzulegen. Und Buchläden haben Angst, dass ihnen bei Lyrik die Leser wegbleiben. Dabei sind aus Lyriklesern Zuhörer geworden. Die Leute kommen gern zu so einem Abend und finden ihn überhaupt nicht beschwerlich.
In welcher Tradition sehen Sie sich als Lyrikerin?Mit meinem Schreiben sehe ich mich dezidiert in einer langen Reihe von Frauen, die ich selbst mit großer Freude gelesen habe. Das reicht von Annette von Droste-Hülshoff über Mascha Kaleko, Rose Ausländer, Nelly Sachs, Selma Meerbaum-Eisinger, Else Lasker-Schüler bis zu Ulla Hahn und Ilma Rakusa. Auch Karin Kiwus finde ich gewitzt und klug. Und dann kommen die Einflüsse von links und rechts. Sehr viel Heinrich Heine, viel Dorothy Parker und eine totale Verehrung von Gangsta-Rap.
Sie haben im Sie haben im Sommer 2015 den Bachmann-Preis gewonnen . Hat das ihre Popularität gesteigert?amp;0Sie haben im Sommer 2015 den Bachmann-Preis gewonnen . Hat das ihre Popularität gesteigert?amp;0Sie haben im Sommer 2015 den Bachmann-Preis gewonnen . Hat das ihre Popularität gesteigert?amp;592593"> Sommer 2015 den Bachmann-Preis gewonnen . Hat das ihre Popularität gesteigert?Menschen, die den Bachmann-Preis verfolgen, kannten mich bis dahin nicht. Wer eine starke Prosa-Konzentration hat, dem bin ich selbst mit all meinen verlegten Kurzgeschichten nicht aufgefallen. Deshalb war es echt ein Schock für mich, wie populär man auf einmal war. Und auch, wie ich gehatet wurde.
Gehatet?Massiv. Es gab sehr viele Angriffe bei Facebook. Darauf, wie ich aussehe. Was ich mir denken würde. Ob ich noch ganz normal wäre. Das bin ich als Lyrikerin nicht gewohnt, egal wie slammig ich sonst auftrete. So viel Hass kriege ich sonst nicht ab. Aber sobald Television und mehr Visibility dabei ist, denkst du, du bist Freiwild.
Wie kamen Sie damit zurecht?Ich habe ein Jahr gebraucht, um das zu verarbeiten. Zum einen habe ich erst im Oktober realisiert, dass ich gewonnen hatte. Ich erinnere mich genau an den Moment, als ich an der Ampel stand und dachte: Oh mein Gott, ich habe den Bachmann-Preis gewonnen. Bis dahin hatte ich so viel Abwehr, Annahme, eben alle Gefühle in massivster Weise erlebt. Aber verstehen Sie mich nicht falsch. Ich habe auch zärtlichste und gütigste Reaktionen bekommen. Außerdem hat der Preis meine Arbeit als Direktorin des Künstlerhauses in Bamberg leichter gemacht. Als ich den Job 2010 begonnen habe, war ich der Punk, der dieses altehrwürdige Ding übernimmt. Jetzt habe ich das Gefühl, angenommener zu sein.
Gomringer & Scholz: „Peng Peng Peng!", Donnerstag, 9. Februar, 20 Uhr, Spitzboden der Lagerhalle. Karten hier.