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Print-Produkt für Onliner

Online-Journalist Daniel Höly will ein Print-Magazin für Digital Natives machen. (Foto: CC By SA Droid Boy)

Ein gedrucktes Magazin für junge Menschen, die am liebsten online lesen: Ist das sinnvoll? Ja, findet Journalist Daniel Höly. Im Interview spricht er über die Herausforderungen und darüber, warum Netzaffine ein Print-Medium brauchen.

Während viele Journalisten und Medienmacher über zukunftsfähige Modelle für Online-Journalismus nachdenken, hat Journalist Daniel Höly, 26, ein Print-Magazin entwickelt. Erst war es nur Thema seiner Diplomarbeit, mit Hilfe von Crowdfunding wurde es real. Shift - Das Magazin mit Hirn, Herz und Horizont soll vor allem Digital Natives, also junge Leute ansprechen, die mit dem Internet aufgewachsen sind.


SZ.de: Sie haben Online-Journalismus studiert und bloggen seit fünf Jahren auf Juiced.de. Warum wollten Sie ein Print-Magazin entwickeln?

Daniel Höly: Der Hauptgrund ist, dass es kein Magazin an den Bahnhofskiosken oder in der Medienlandschaft gab, das mich angesprochen hätte. Ich dachte: Das musst du ändern. Und habe mich gefragt, wie so ein Magazin aussehen könnte, das mich begeistern würde. In meiner Diplomarbeit war der nächste Schritt, zu überprüfen, ob so ein Heft auch andere interessieren würde, und gleichzeitig Ideen von Digital Natives, also der Zielgruppe, mit einfließen zu lassen.


Was hat Ihnen bei anderen Print-Magazinen gefehlt?

Zum einen die Verzahnung mit dem Netz. Eine ganz natürliche Verbindung, dass es nicht ein abgeschlossenes Printprodukt ist, sondern auch ins Netz mündet und von dort vielleicht wieder zurück ins Heft findet. Das kann ich in der ersten Ausgabe von Shift noch nicht so zeigen, wie ich es mir gedacht hatte. Aber die Anbindung an eine Online-Community ist ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal.


Aber es gibt schon Printprodukte, die das zumindest teilweise umsetzen oder versuchen. Zum Beispiel das Magazin Wired.

Darin liegt ein weiterer Aspekt begründet. Die Wired ist ein Heft für netzaffine junge Erwachsene und hat dementsprechend nur solche Themen. Was aber, wenn ich trotzdem politisch interessiert bin, vielleicht eine Art Nachrichtenmagazin für Jüngere lesen wollte? Es gibt momentan kein Magazin, das dafür in Frage kommt. Shift könnte man als eine Mischung aus Unterhaltungs-, Debatten- und Gesellschaftsmagazin beschreiben.


Wie sind Sie auf den Namen gekommen?

Mir war es wichtig, einen Namen zu finden, der einen Bezug zur Zielgruppe darstellt und gleichzeitig den Wandel in der Medienbranche aufgreift. "Shift" (engl.: wechseln, verlagern, verschieben) erschien mir daher als der ideale Name. Auch die Zielgruppe sah das so: Als ich sie in einer Umfrage darüber abstimmen ließ, bekam "Shift" die meisten Stimmen.


Sie haben QR-Codes eingebunden, Links zu Audioversionen von Artikeln oder ein Video-Interview. Das machen auch andere Magazine. Was findet man bei Shift, was man sonst nirgends bekommt?

Ein Beispiel macht das deutlich: Der Leser wird direkt angesprochen und sogar geduzt. Das ist ungewöhnlich. Und veranschaulicht, dass ein moderner, zeitgemäßer Umgang mit dieser Zielgruppe im Magazin stattfindet.


Hinter dem Heft stecken 27 Autoren, aber Sie waren für die inhaltliche Ausrichtung allein verantwortlich. Wie haben Sie Themen ausgewählt?
 

Vieles kam spontan, zum Beispiel in der Unterhaltungsrubrik ein Text über Black Stories, Rätselkrimis. Vieles hat aber auch mit Ausprobieren zu tun, ich habe zum Beispiel einen englischsprachigen Artikel im Heft, bei dem ich mir nicht sicher war, ob er gut ankommt. Da gab es für mich nur eine Lösung: Ich probiere es einfach aus. Das Feedback darauf war sehr positiv. Bei der Themenwahl hatte ich außerdem den Anspruch, dass es mich selbst interessiert. Zusätzlich habe ich Freunde und Bekannte um ihre Einschätzung gebeten.


Die Artikel sind thematisch sehr unterschiedlich. Auf einer der ersten Seiten findet man Tweets zu aktuellen Themen, es gibt einen Text über Präimplantationsdiagnostik und die Rubrik "Chuck Norris vs. Hans Sarpei". Würden Sie das bei der nächsten Ausgabe wieder so machen?


Ich hatte einen Artikel über Fotografie, der hatte Service-Charakter. Der kam gar nicht gut an bei vielen Lesern. Sie fanden, dass er nicht ins Heft gepasst hat. In der nächsten Ausgabe würde ich das weglassen und mich noch mehr auf längere Geschichten fokussieren wollen, die man so online nicht findet. Die Leser sollen nicht das Gefühl bekommen, dass sie das Gleiche auch online lesen können.


Was wäre ein Beispiel?


Ein Artikel über Nordkorea. Da kam das Feedback: Dieser Artikel ist zu kurz. Die Leser hätten gerne noch mehr Informationen gehabt, was ich im Nachhinein einsehe. In der ersten Ausgabe sind viele längere, hintergründige Artikel, die auch mal sechs oder acht Seiten lang sind. Da ist eine komplexe Geschichte wie die über Nordkorea auf zwei Seiten im Vergleich zu kurz.


Ist es das, was Sie aus der ersten Ausgabe mitgenommen haben: Die netzaffinen Leser erwarten von einem Printprodukt längere Artikel?


Unter anderem, ja. Man liest längere Stücke gerne in gedruckter Form, das ist für die Augen angenehmer. Ich wollte zudem, dass sich das Magazin haptisch hochwertig anfühlt. Deshalb habe ich dickeres Papier ausgewählt, um ein anderes Leseerlebnis zu schaffen. Online findet man die Nachrichten, die kurzen, schnellen News, während man sich in gedruckter Form Themen widmet, die auch mal auf sechs oder acht Seiten behandelt werden können.


Bei vielen Magazinen geben die Leser immer noch per Brief oder E-Mail Feedback. Wie haben Sie sich Rückmeldungen von den Lesern geholt?


Ich habe ein Google-Hangout veranstaltet: Dazu habe ich Leser der ersten Ausgabe eingeladen und mit ihnen im Internet eine Blattkritik durchgeführt (Youtube-Link hier). Die Anbindung an eine Online-Community war mir wichtig, weil für mich das Feedback der Leser zählt. Ich glaube, das ist auch angekommen, dass ich wirklich mit den Lesern auf Augenhöhe sprechen will.


Viele Leser wollten lange Texte, das sieht man Shift auch an. Das Heft ist bei einer Größe von 17 mal 24 Zentimetern 170 Seiten dick. Ist das nicht ein bisschen viel?


Ja, für die Erstausgabe habe ich das so gemacht, weil es noch dauern könnte, bis die zweite Ausgabe erscheint. Ich habe ein bisschen draufgelegt, um Dinge auszuprobieren. Auf diese Weise konnte ich zum Beispiel den englischsprachigen Artikel oder auch eine Kurzgeschichte ins Heft bringen. Eine reguläre Ausgabe peile ich mit 140 Seiten an.


Finanziert wurde Shift über Crowdfunding, die erste Auflage beträgt 1000Stück. Die meisten Hefte gingen an die Unterstützer. Ein Jahr Arbeit haben Sie in das Magazin gesteckt. Gab es einen Punkt, an dem Sie gedacht haben: Das läuft gar nicht so, wie ich dachte?


Die Einstiegshürde war natürlich die Frage: Wie kann ich das drucken und layouten? Ich habe das Magazin von einer Agentur layouten lassen, damit es die entsprechende optische Qualität hat und habe deswegen die Crowdfunding-Aktion gestartet. Währenddessen wollte ich den Businessplan weiter schreiben, um anschließend ein Unternehmen gründen zu können. Dazu bin ich während des Crowdfundings aber überhaupt nicht gekommen, weil das tatsächlich ein Vollzeitjob ist. Und die Kosten sind am Ende höher gewesen als geplant. Ich wollte das Magazin zum Beispiel als Büchersendung verschicken für einen EuroPorto. Es wiegt aber 500 Gramm und ist dementsprechend mit der Verpackung knapp über der Grenze von einem Euro. Außerdem darf man als Büchersendungen keine Inhalte mit Werbeanzeigen verschicken. Das heißt, ich musste es für 2,40 Euro verschicken. Das sind Kostenpunkte, die ich vorher nicht einkalkuliert hatte. Der Kosten- und auch der Zeitfaktor sind bei so einer Unternehmung auf keinen Fall zu unterschätzen.


Planen Sie eine zweite Ausgabe?


Auf jeden Fall. Mein Ziel ist es, dass Shift in die Bahnhofskioske kommt. Dafür braucht man aber eine deutlich höhere Auflage, und es entstehen wieder höhere Kosten. Das heißt, dass ich auf Investoren angewiesen bin. Deswegen arbeite ich gerade daran, den Businessplan fertigzustellen.

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