Es ist so weit: der Donnerstagabend bei ProSieben hat es vollbracht die Würde der Frau ins Bodenlose fallen zu lassen. Um 20.15 Uhr kümmert sich Heidi „Ich habe heute leider kein Foto für dich" Klum darum ihren Meeeedchen herzallerliebste ihre gehirnamputierten Weisheiten auf den Weg zu geben („Wenn du top Dollar haben möchtest, musst du auch top aussehen") - und schafft es dabei vorbildlich ihnen das letzte Stückchen Selbstachtung zu rauben (natürlich stets mit einem blitzblanken Colgate-Lächeln auf der Modelvisage). Nach dem uns also bei „GNTM" suggeriert wurde „je dümmer, desto besser, Aussehen is everything und wenn du richtig erfolgreich sein willst, dann bitte schön die Fresse halten", darf Frau ab jetzt im Anschluss endlich auch mal den Mund aufmachen. Wer jetzt aber denkt, es folge ein intelligenter TV-Talk unter Frauen, den muss ich an dieser Stelle leider enttäuschen. Denn bei „Kiss Bang Love" kommt leider kein Inhalt aus dem Mund, dafür aber ganz viel hinein. Demonstriert wurde dies bei der letzten Sendung (03.03.2016) von Single-Frau Isabella ...
Keine Scham vor den gerade gehegten perversen Gedanken, denn ganz so daneben liegt Ihr vermutlich nicht!
Isabella, 32, blondes Haar, kommt aus Österreich, steht auf bärtige Kerle, auch wenn diese ihr bisher immer nur das Herz brachen (oohhh), sucht jetzt im TV nach der „großen Liebe" (gääähn). Wie gut, dass ProSieben dafür gleich eine ausgefuchste Idee parat hat: Wie wäre es denn, wenn dieses fesche Madel einfach in kürzester Zeit blind ein Dutzend Männer küsst, damit sie anschließend entscheiden kann, bei wem's gefunkt hat? Genial! Und auch noch totaaal wissenschaftlich. Denn hinter der Show steckt ein „neues" Experiment, das der Frage nachgeht: Kann man mit nur einem Kuss die große Liebe finden? Ganz nach dem Motto „keine anstrengende Suche, keine langen Dates" - Tinder-Reloaded für geile Faule. Wenn das mal nicht revolutionäres Dating ist!
Die wahre wissenschaftliche Erforschung des Kusses nennt man übrigens Philematologie (danke, Wikipedia!). Und Welt-Autor Benno Müchler geht hier der Frage nach, warum die Evolution den Kuss erfunden hat.
Moderiert wird dieser Schrott von Sendung von ProSieben-Moderatorin Annemarie „always-happy-hippo" Carpendale, die sich teils beschämt, teils belustigt durch die knapp anderthalb Stunden Dauerfummeln kichert. Wenn selbst bei Annemariechen das Fremdschämen einsetzt, müssen wir es hier mit einem ernsthaften Niveauverlust zu tun haben - und das bei einem so niveaufreien Sender!
Was ich mich bei dieser Sendung fragte (und glaubt mir, da stellten sich mir etliche Fragen): Warum zum Teufel kommt die Protagonisten aus Österreich?! Gibt es denn in Deutschland nicht genug Schlampen, die für 'n Appel und 'n Ei bei ProSieben anschaffen gehen? An welchen Stellen wird denn bei diesem Sender bitte gespart?!
Spaß beiseite - Isabella ist natürlich keine Schlampe, sondern nur eine geile Sau mit romantischen Ambitionen. Very Pretty Woman! Und die Vivienne (so heißt die Protagonistin im Film, du Horst!) war ja auch 'ne ganz Süße.
Es ist bemerkenswert, wie unprätentiös die 32-jährige Österreicherin die Auswahl für den Mann ihrer Träume trifft. Da wird ein wenig am Kopf gehätschelt oder der Kinn abgetastet, um vage zu erfühlen, ob Mann auch den Kriterien eines bärtigen Rockstars entspricht. Für Tommy, Vollbart-Kandidat Numero 1, wurde diese „Tastprobe" gleich zum Verhängnis: Denn wer mit Glatze daherkommt, kann bei Isabella einpacken. Auch „total liebe Kerle" sind bei der Blondine ein absolutes No-Go. Romantische Küsse gefällig? Fehlanzeige!
Dann doch lieber die Ba(r)dboys. Die haben nämlich nichts besseres zu tun, als der 32-Jährigen zum Dank an den Hintern zu grabschen oder ihr völlig ungeniert die Zunge in den Hals zu stecken. Pfui! Doch Isabella scheint's zu gefallen. Selbst ist die Frau. In manchen Augen mag das gar emanzipiert wirken.
Besonders beeindruckend war Kandidat Kuray, der eine ganz „spezielle Strategie" an den Tag legte. Laut eigener Aussage würden die Frauen bei seinem speziellen Parfüm „einfach ohnmächtig" und „verrückt nach ihm". So, so. Froschkönigin Isabella durchschaute den selbsternannten Womanizer jedoch sofort: „Das ist ein Schauspieler. Der hat mir einen Filmkuss gegeben." Ah ja. Eine Runde weiter kam der „Schauspieler" trotzdem.
Anders erging es den bartlosen Piefkes dieser Sendung. ProSieben war nämlich ganz pfiffig und hat einige Kandidaten , die „bewusst nicht Isabellas Beuteschema entsprechen", mit ins Rennen geschickt. Hui, jetzt wird's spannend. Denn für die lieben Kerle, ergo schlechten Küsser, hat die 32-Jährige so gar nichts übrig, dafür aber stets eine passende Bezeichnung auf Lager: Mal ist das ein „unbeholfener Rockstar" (knapp daneben, ist eben auch vorbei), dann wieder ein „verträumter Prinz" (ist ja ganz lieb, nett und höflich, aber sie braucht's wild, mien Jung!) oder es handelt sich um die besonders unangenehme Spezies ... die des „Zahnküssers" (Igitt!). Und wer hier bereits denkt „schlimmer geht's nimmer", der fällt bei Kandidat Thomas gänzlich vom Glauben ab. Denn der 32-jährige Cap-Träger ist - haltet Euch fest - Pastor! Jesus Maria, wenn das der liebe Herr im Himmel sieht - oder gar die treuen Kirchgänger vor der Glotze. Da behält man die Augenbinde während der nächsten Eucharistie wohl mal lieber an, oder werter Pastor?
Nach knapp einer halben Stunde intensivstem Speichelaustausch, stellte sich die Frage: und was nu'? Was folgte war eine Stunde Dating-Müll, das an Ödnis kaum zu übertreffen war. Zuerst wurde nach der ersten Runde radikal nach dem Prinzip „Glatzen raus, Bärte rein" ausgemistet. Anschließend ging's für Isabella und ihre Top 5 in ein sogenanntes „Kissing Room". Manch einer mag es vielleicht schon erahnen, was dort passierte. Doch es folgte sogar eine so gar nicht vorhersehbare Wendung: Es wurde nicht lediglich geknuscht, nein, diesmal wurde sogar geredet - und das ohne Augenbinde! Schon folgte die nächste schwere Entscheidung. Denn nur zwei der Kandidaten durften mit Isabella eine „romantische Nacht" zu zweit verbringen ... und so wurde aus „Kiss, Bang, Love" ziemlich schnell „Kiss, Bang, Bang".
Am Ende musste Isabella zwischen dem erfolgreichen Arschgrabscher Stefan und dem erfolglosen Schönling Florian entscheiden. Annemarie Carpendale fasste es in etwa so zusammen: „Entweder du nimmst den Typ Mann, auf den du öfter stehst, was du allerdings in deinem Leben oft bereut hast (Florian), oder du nimmst den Typ Mann, der fest im Leben steht, also gut auf dem Papier ist (Stefan)". Und jetzt ratet mal, für wen sich Miss Austria entschieden hat? Riiiiichtig, den bärtigeren Ba(r)dboy Florian. Hach ja, und wenn sie nicht gestorben sind dann küssen sie noch heute ... nicht. Denn bereits wenige Tage nach Ausstrahlung der Sendung ließen Isabella und Florian per (getrennter!) Videobotschaft verkünden: Kiss, Bang, Over.