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Der reinste Lederhosenwahnsinn

Über 2.500 Lederhosen hängen im "Lederhosenwahnsinn" in Reih und Glied

Herbert Lipah liebt seine Lederhosen. Als selbsternannter Lederhosenkönig betreibt er in der Borstei einen eigenen Laden, den "Lederhosenwahnsinn". Der Münchner hat seine Leidenschaft schon vor über 30 Jahren zum Beruf gemacht. Auf knapp 50 Quadratmetern hat er über 2.500 Lederhosen, davon sind 1.500 wahre Antiquitäten.


Sei es die von Herzog Max, Sisis Vater, oder eine der anderen urigen Hosen - eine jede hat ihre Geschichte zu erzählen. Und Herbert Lipah kennt sie alle. Da kann es schon einmal passieren, dass der Kunde deutlich mehr Zeit für seinen Einkauf einplanen muss. Denn auch Schnitt, Knöpfe und Bänderfarbe - sie alle haben eine Bedeutung. Herbert Lipah ist auch nach mehreren Jahrzehnten noch immer fasziniert von seinen Leder-Schmankerl: "Eine Lederhose ist eine Wissenschaft. Da gibt es Hosen, da sind schon drei oder vier herausgestorben. Eine Lederhosen ist für mich etwas ganz Ehrenwertes. Und wenn einer hier reinkommt und keine Ahnung davon hat, dann richte ich ihn nicht hin, sondern her, damit er auch wirklich Freude daran hat."


Lederhosen mit Geschichte

Schon auf dem ersten Blick wird deutlich: Der "Lederhosenwahnsinn" in der Franz-Marc-Straße 10 ist definitiv anders als andere Trachtengeschäfte. An der Eingangstür hängt ein Schild mit den Worten "Tschüss- und jammerfreie Zone". Im Inneren des kleinen Geschäfts bedecken Bilder, Lebkuchenherzen, bunte Rehbock-Hörndl und anderer liebevoll dekorierter Kitsch die Wände. Die meisten Kunden brauchen erst einmal einige Minuten bis sie sich umgesehen haben und sich dann wieder auf den eigentlichen Grund ihres Besuches zurückbesinnen: Die Lederhosen. Und von denen hat der selbsternannte Lederhosenkönig mehr als genug. "Dank meiner Sammelleidenschaft bekomme ich immer wieder welche, weil die Leute ja wissen, dass ich die Lederhos' sehr schätze. Die ist eben nicht nur eine Ware, womit man Geld verdient, sondern wo einfach des Herz dranhängt."


Sei es eine Hose aus Rinds-, Hirsch- oder Gamsleder - die Auswahl ist riesig. Die meisten Hosen sind über hundert Jahre alt, manche sogar noch um einiges älter. Nach professioneller Reinigung und so mancher Reparatur warten sie brav in Reih und Glied auf einen neuen Besitzer. Bei jedem Beinkleid kann man sich sicher sein, dass es ein echtes Unikat ist. So darf man sich auch nicht über die Preise wundern. Von 500 bis knapp 2.000 Euro kosten die Lederhosen.


Dirndl gibt es im "Lederhosenwahnsinn" aber nicht. "Da hätte ich ja sonst gar keinen Platz mehr für meine Lederhosen!", meint der Chef ernst. "Obwohl, vielleicht würden dann noch mehr Dirnen (bayerisch für Frauen) vorbeischauen!", lacht Herbert Lipah und hält sich am Geschirr seiner Tracht fest. Heute trägt er ein österreichisches Exemplar mit Bestickung. Eine Lederhose könne er immer tragen, sei es für Festlichkeiten oder einfach nur so, weil sie bequem sei und schick ja sowieso.


Eine Atmosphäre wie bei Freunden

Die meisten Kunden kennen Herbert Lipah bereits seit vielen Jahren. So mancher hat schon seine achte Lederhose bei ihm gekauft. Immer wieder schaut ein Stammgast im "Lederhosenwahnsinn" vorbei. "Viele kommen überhaupt nur zum Quatschen vorbei. Und natürlich wegen unserem guten Bier!", erzählt der Münchner. Tatsächlich bekommt jeder im Laden erst einmal ein Helles in die Hand gedrückt. In aller Ruhe und mit dem Bier in der Hand wird dann in der Gruppe gemeinschaftlich beschlossen, ob die Hose richtig sitzt, "einen guten Arsch" macht und welche Trachtenjacke überhaupt am besten dazu passt. Eine Umkleidekabine gibt es auf den 50 Quadratmetern nicht.


Der ein oder andere lässt sich die Lederhose erst einmal zurücklegen, um eine Nacht darüber zu schlafen. Herbert Lipah bleibt da entspannt. Er kennt das schon: "Meistens melden die sich dann eh gleich am nächsten Tag. Die sind dann ganz unruhig und wollen unbedingt wissen, ob die Hose noch da ist. So eine Lederhosen hat man halt dann doch für's ganze Leben."


Andrea Hornsteiner

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