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Kontaktlisten in Gaststätten: Stuttgarter Wirte setzen auf Ehrlichkeit der Gäste

Mindestens 50 Euro sollen falsche Angaben bald bundesweit kosten Foto: dpa/Marijan Murat

Mindestens 50 Euro sollen falsche Angaben in Gaststätten bald kosten. „Die Wirte sind keine Polizei und kontrollieren keine Ausweise“, kritisiert Dehoga-Sprecher Daniel Ohl.

Stuttgart - Es werde keine Ausweiskontrollen durch die Gaststättenbetreiber geben, sagt Daniel Ohl, Sprecher des Hotel- und Gaststättenverbands Baden-Württemberg (Dehoga). Er bezieht sich damit auf „Plausibilitätskontrollen“, die ein Beschluss der Bund-Länder-Konferenz vom vergangenen Dienstag vorsieht. Damit soll vermieden werden, dass die Besucher von Gaststätten falsche Angaben machen und so eine Nachverfolgung im Falle einer Infektion mit dem Corona-Virus erschweren.

Mindestens 50 Euro Bußgeld in Baden-Württemberg

In dem genannten Beschluss haben sich die Regierungschefs der Länder und Bundeskanzlerin Merkel auf neue Maßnahmen im Umgang mit der Corona-Krise geeinigt. In Baden-Württemberg müssen die Besucher von Gaststätten bisher ihren vollständigen Namen, ihre Adresse, den Besuchszeitraum und ihre Telefonnummer hinterlassen. Ob die gemachten Angaben korrekt sind, wird bislang nicht systematisch kontrolliert. Und auch ein Bußgeld für falsch gemachte Angaben gibt es noch nicht. Das soll sich nun ändern.

Der Beschluss sieht vor, dass falsch gemachte Angaben in Kontaktlisten bald mindestens 50 Euro Bußgeld kosten sollen. Laut dem Baden-Württembergischen Sozialministerium müsse die geltende Corona-Verordnung des Landes zunächst entsprechend überarbeitet und dann vom Kabinett beschlossen werden. Erst dann würden die Regelungen in Kraft treten. „Das Bußgeld wird in Baden-Württemberg mindestens 50 Euro betragen“, so ein Sprecher auf Nachfrage.

Wirten fehlt Rechtsgrundlage für Ausweiskontrolle

Was allerdings hinter einer „Plausibilitätskontrolle“ steckt, bleibt offen. „Wenn jemand beispielsweise Darth Vader oder Spiderman in diese Liste einträgt, dann sollte bestenfalls auch dem Gastronomiebetreiber auffallen, dass hier etwas nicht stimmen kann“, so ein Sprecher des Baden-Württembergischen Sozialministeriums. Genau das war Ministerpräsident Winfried Kretschmann zuletzt sauer aufgestoßen: „Persönliche Angaben in Restaurants und bei Veranstaltungen sind zu oft fehlerhaft und unvollständig gewesen. Sie müssen in Zukunft auf ihre Glaubwürdigkeit und Richtigkeit durch die Wirte und Veranstalter überprüft werden.“

Dagegen wehrt sich die Interessensvertretung der Gastronomie: „Richtig ist: Die Wirte sind keine Polizei und kontrollieren keine Ausweise“, sagt Dehoga-Sprecher Daniel Ohl. Dafür fehle den Wirten auch die Rechtsgrundlage. „Wenn etwas offensichtlich falsch ist, dann kann man den Gast ansprechen“, sagt Ohl: „Wir appellieren an die Gäste, richtige Angaben zu machen. Und wir appellieren an die Wirte, die Maßnahmen ernstzunehmen.“

Kontrollen nicht einfach umsetzbar

Reiner Bocka, Betreiber des Cafés Galao in der Tübinger Straße, bestätigt diese Einschätzung: „Wir kontrollieren die Daten aktuell noch nicht und dürfen auch nicht nach dem Ausweis fragen. Aktuell überfliegen wir lediglich, ob alles ausgefüllt ist. Der Gast trägt die Verantwortung für die Richtigkeit der ausgefüllten Daten.“ Wer im Café Galao keinen oder einen offensichtlich falschen Namen angibt, müsse gehen. Seit Bocka in seinem Café einzelne Zettel und keine Listen mehr für die Aufnahme der Kontaktdaten der Gäste hat, hätte es auch kaum noch Bedenken zum Datenschutz gegeben: „Es ist vielleicht ein Promille der Gäste, die die Zettel nicht ausfüllen wollen.“ Der Café-Betreiber hält die angedachten Bußgelder für sinnvoll.

In der Brauereigaststätte Dinkelacker, ebenfalls in der Tübinger Straße, achtet man bereits jetzt darauf, dass die angegebenen Namen und Adressen plausibel erscheinen. „Eine Ausweiskontrolle ist zeittechnisch nicht umsetzbar und es gibt dafür auch keine rechtliche Grundlage - das bringt nichts“, erklärt , sagt der Inhaber Filipe Ribas-Heredia. Er müsste sonst am Wochenende einen zusätzlichen Mitarbeiter einstellen, der die Ausweise kontrolliert: „Aus meiner Sicht ist das nicht rentabel und durchführbar.“ Seine bisherige Erfahrung zeigt jedoch, dass Gäste Fantasienamen angegeben: „Allerdings sind das echte Ausnahmen.“ Auch habe das Gesundheitsamt zur Verwunderung von Ribas-Heredia noch nie Daten angefordert.

(30.09.2020)

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