Trotz Personalmangel und niedriger Bezahlung sind großflächige und lange Streiks in der Pflege die Ausnahme. Das liegt nicht an der Versorgungslücke, die dadurch entsteht.
Was im vergangenen Sommer in Nordrhein-Westfalen geschah, war eine kleine Sensation. Mehr als elf Wochen legten die Angestellten von sechs Universitätskliniken ihre Arbeit für höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen nieder. So lange wie noch nie und mitten in der Corona-Pandemie.
Mehrwöchige Streiks in der Pflege sind unüblich
Die Streikenden in Nordrhein-Westfalen forderten im vorigen Sommer nicht etwa mehr Lohn, sondern mehr Personal - für das Patientenwohl.
Trägervielfalt erschwert Verhandlungen
Heike von Gradolewski-Ballin ist Bereichsleiterin für Tarifpolitik im Gesundheitsbereich bei der Gewerkschaft Ver.di. Sie sagt: "Weil es nicht so einfach geht." Das Problem bestehe vor allem darin, dass es in der Pflegebranche nicht den einen großen Arbeitgeberverband gibt, der alle Pflegeeinrichtungen vertritt.
Heike von Gradolewski-Ballin, Verdi-Bereichsleiterin für Tarifpolitik
Deshalb verhandele Ver.di mit vielen Arbeitgebern, Tarifgemeinschaften oder Arbeitgeberverbänden. Oft regeln einzelne Tarifverträge mit Häusern und privaten Konzernen die Bezahlung der Beschäftigten, sagt von Gradolewski-Ballin.
Tausende Beschäftige fehlen in der Pflege. Auszubildende Frederike Fischer will der vermeintlichen Unattraktivität des Berufes entgegenwirken.
Heike von Gradolewski-Ballin, Verdi-Bereichsleiterin für Tarifpolitik
Zusammenarbeit mit Arbeitgebern ist schwierig
In Bayern beteiligten sich etwa 30 Kliniken, psychiatrische Einrichtungen und Altenheime. Ein Erfolg für Gewerkschafter Hinke. Die Umsetzung der Notdienste sei oft schwierig und müsse manchmal sogar vor Gericht mit den Arbeitgebern verhandelt werden. Weil das Personal so "auf Kante genäht ist, ermöglichen Notdienste es erst, dass Angestellte ihr Streikrecht wahrnehmen können", sagt Hinke.
Sandra Mehmecke, stellvertretende Geschäftsführerin im Deutschen Berufsverband der Pflegeberufe, sieht einen weiteren Grund, warum große und lange Streiks in der Pflege so schwierig sind.
Sandra Mehmecke, Deutscher Berufsverband der Pflegeberufe
Zu wenig Pflegekräfte seien Mitglied in Gewerkschaften und Verbänden. Schätzungen zufolge beträgt der Anteil bei Gewerkschaften etwa zehn Prozent. Das liegt laut Mehmecke auch am historisch gewachsenen Verständnis des "Frauenberufs Pflege". Die Branche habe es bis heute nicht geschafft, die Sichtweise vom "Dienst am Menschen" zu ändern. "Dabei sind das hoch professionalisierte Berufe mit entsprechender Ausbildung."
Streiks vom Bodenpersonal, im Krankenhaus: Gewerkschaften haben Deutschland fest im Griff - und fordern teilweise bis zu 15 Prozent mehr Lohn. Wie sich die Positionen begründen.
Streik bedeutet nicht sofort Verbesserung
Im Arbeitsalltag hat sich seitdem aber nicht viel verändert. "Passiert ist bislang kaum etwas", sagt Petra Bäumler-Schlackmann, Personalrätin am Universitätsklinikum Essen. Das IT-System für die Berechnung des neuen Personalschlüssels fehlt.
So lange bekommen die Angestellten pauschal fünf Entlastungstage pro Jahr, mehr nicht. Ganz egal, wie oft sie mehr als die vereinbarte Zahl an Patientinnen oder Patienten versorgen müssen. Das sei für die Arbeitgeber "wenig Anreiz, die Tarifvereinbarungen konsequent umzusetzen", sagt Bäumler-Schlackmann. Laut Vertrag haben die Kliniken noch bis Juli 2024 Zeit, um das zu ändern.
Die Streikenden in Nordrhein-Westfalen forderten im vorigen Sommer nicht etwa mehr Lohn, sondern mehr Personal - für das Patientenwohl.
Tausende Beschäftige fehlen in der Pflege. Auszubildende Frederike Fischer will der vermeintlichen Unattraktivität des Berufes entgegenwirken.
Streiks vom Bodenpersonal, im Krankenhaus: Gewerkschaften haben Deutschland fest im Griff - und fordern teilweise bis zu 15 Prozent mehr Lohn. Wie sich die Positionen begründen.
An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Entweder hast du einen Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert, oder deine Internetverbindung ist derzeit gestört. Falls du die Datenschutzeinstellungen sehen und bearbeiten möchtest, prüfe, ob ein Ad-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus. So lange werden die standardmäßigen Einstellungen bei der Nutzung der ZDFmediathek verwendet. Dies bedeutet, das die Kategorien "Erforderlich" und "Erforderliche Erfolgsmessung" zugelassen sind. Weitere Details erfährst du in unserer Datenschutzerklärung.
An dieser Stelle würden wir dir gerne die Datenschutzeinstellungen anzeigen. Möglicherweise hast du einen Ad/Script/CSS/Cookiebanner-Blocker oder ähnliches in deinem Browser aktiviert, welcher dies verhindert. Falls du die Webseite ohne Einschränkungen nutzen möchtest, prüfe, ob ein Plugin oder ähnliches in deinem Browser aktiv ist und schalte es aus.