Wenn ich an Brustkrebs denke, denke ich an Krankenhaus, Chemotherapie, Tränen, Kampf und Verzweiflung. Ich denke an meine Unfähigkeit, diese Krankheit zu verstehen. Ich denke an den Tag, als einem geliebten Menschen in meiner Familie die Brust entfernt wurde. An den Tag, als sie mit Perücke durch die Tür ging, und niemand drüber sprechen durfte. Als die Therapie als überstanden und der Krebs als vorüber galt. Ich denke an eine Frau, die so toll und so viel stärker als der beschissene Krebs in ihrer Brust war und die trotzdem daran sterben musste.
Ich zähle zur Risikogruppe für Brustkrebs, da dieser auf mütterlicher Seite in meiner Familie auftrat. Bei jedem Termin bei meinem*meiner Gynäkolog*in muss ich auf die Frage, ob es in meiner Familie spezielle Erkrankungen gebe, ja sagen und erstmal die Verwandtschaftsgrade und Krankheiten erklären. Konkret bedeutet es für mich, dass ich mich jedes halbe Jahr kontrollieren lassen soll. Ich kenne die Prozedur dazu mittlerweile auswendig, hebe und verschränke meine Arme beim Abtasten ganz von allein. Obwohl ich schon oft untersucht wurde, halte ich jedes Mal wieder meinen Atem an und meine Kehle schnürt sich zusammen, bis ich die erlösenden Worte höre: Alles okay! Puh, ausatmen, ruhig wieder einatmen, kurz entspannen, bis zur nächsten Kontrolle.
Schon als Kind und später als Teenager war Brustkrebs zwangsläufig ein Thema in meiner Familie. Als ich meinen ersten BH kaufen wollte, natürlich mit krasser Polsterung und Snoopy vorne drauf, legte meine Mutter ihr Veto ein. Die Metallbügel derartiger BHs würden Brustkrebs fördern, erklärte sie mir damals. Ich hatte wenig Verständnis dafür und war sauer. Als sich eine Bekannte entschied, ihre Brüste durch eine OP von Größe B auf D vergrößern lassen zu wollen und mir davon erzählte, reagierte ich scharf und verständnislos. Ich fand es dumm und unüberlegt. Schrie ihr irgendwas im Sinne, sie sei ein Opfer des Patriarchats, entgegen - anstatt ihr zuzuhören.