Sollten man auf Limonadenflaschen ähnliche Schockbilder wie auf Zigarettenschachteln drucken? Ja, meint GEO-Reporterin Marlene Brey. Die Forschung gibt ihr Recht
Auf Tabakwaren sind schonungslose Bilder mit Warnhinweisen Pflicht. Da wäre es folgerichtig, Fotos von zerfressenen Zähnen auf Limonadeflaschen zu drucken. Schließlich kann Zucker Karies, Übergewicht und schwere Krankheiten wie Diabetes bewirken.
Forscher an der Deakin University in Melbourne, Australien, probierten die Wirksamkeit verschiedener Arten von Warnhinweisen auf Softdrinks aus. Sie versuchten es mit kurzen Texten, die über die gesundheitlichen Risiken aufklären, mit einer Symbolsprache, bei der die Anzahl der Teelöffel anzeigt, wie viel Zucker im Produkt steckt - und schließlich auch mit Bildern, die von Karies zerstörte Zähne zeigen.
Fast 1000 Testpersonen sollten sich für ein Getränk entscheiden. Der Effekt der Fotos war enorm: Das Interesse an den süßen Drinks sank im Angesicht der Schockbilder um zwanzig Prozent.
Oft können wir die Finger nicht vom Zucker lassen, obwohl wir es eigentlich wollen. Die Ursache: Das Belohnungssystem in unserem Gehirn reagiert auf den süßen Geschmack. In Versuchen hat sich gezeigt: Entzieht man Laborratten ihre Zuckerlösung, leiden sie sogar unter Entzugserscheinungen.
Das lässt unseren Jieper nach Süßem in gruseligem Licht erscheinen. Zucker gibt dem Gehirn einen Kick. Daher handelt es sich bei ihm nicht um irgendein Nahrungsmittel. Zucker verspricht Belohnung und Trost. Wenn ein Kind sich das Knie aufschlägt, stecken Erwachsene ihm ein Bonbon zu. Dumm nur, dass sie ihm damit zusätzlich schaden.
Dass wir zu viel Zucker zu uns nehmen, wissen die meisten von uns. Dass wir einen Großteil dessen trinken, ist dagegen etwas, das vor allem Kindern nicht bewusst ist. Flüssiger Zucker ist Teil ihrer Alltagskultur: Zum Frühstück trinken sie Orangensaft, in der Kita gibt es Kakao oder Vanillemilch, zum Kinderteller werden Softdrinks serviert.
So nehmen die Kleinen große Mengen an Kalorien auf. Aus einem Genussmittel ist eine Plage geworden.
Schockfotos sind sinnvoll, weil auch Kinder sie verstehen. Die Abbildungen können Heranwachsende so vor mangelnder Fürsorge ihrer Eltern schützen. Und sie stellen ein Gegengewicht dar zur allgegenwärtigen Werbung für die klebrige Limonade: Warnungen helfen, ein Bewusstsein für die gesundheitlichen Risiken zu entwickeln.
So können Kinder, eine der wichtigsten Zielgruppen, zu mündigen Konsumenten heranwachsen.
Original