Zwei Leben handelt vom Doppelleben der Stasi-Agentin Katrine Evensen Myrdal. Drei Fragen an den Regisseur Georg Maas über die Hintergründe des Films. Französischer Kinostart am 7. Mai 2014.
Der 53-jährige Georg Maas ist eigentlich eine Mischung aus Zimmermann und Sozialarbeiter. Zumindest hat er seinen Gesellenbrief gemacht und mit obdachlosen Jugendlichen gearbeitet - Geschichten erzählen wollte er aber schon immer. Deshalb macht der Aachener schon seit den 1980er-Jahren Filme und schreibt Drehbücher und das sehr erfolgreich. Sein Film Zwei Leben handelt vom Doppelleben der Stasi-Agentin Katrine Evensen Myrdal. Genauso wie in einigen vorherigen Filmen des Regisseurs geht es auch hier um Identität. Es geht aber auch um das Vermächtnis zweier deutscher Diktaturen und deren nachhaltige Wirkung auf das Leben von Menschen bis heute. Ein Grund, warum Zwei Leben lange als Oscar-Favorit gehandelt wurde.
Herr Maas, warum erwähnen Sie im Film nicht, weshalb Katrine in Norwegen spioniert?Es ging der Stasi darum, in der NATO zu spionieren. Der am besten recherchierte Fall ist der von Heinz Hempel, darauf beruht auch unser Film. Wir haben uns im Film darauf beschränkt, dass man sieht, wie Katrine im Militär spioniert - sie macht ja Fotos mit einer Taschenkamera - kombiniert mit der Szene, in der sie ihren Mann kennenlernt. Dabei haben wir's belassen.
Wenn man sich den ganzen Film wie ein Puzzle vorstellen würde, dann haben wir überlegt, wie viele Steine wir herauslassen können, sodass man trotzdem noch das Bild erkennt. Mir ging es darum, dass der Zuschauer aktiv ist und selbst mitdenkt. Wir haben es ganz bewusst in Kauf genommen, dass ein paar Fragen dabei offenbleiben. Die man dann selber im Internet recherchiert oder den Nachbarn fragt, der den Film auch gesehen hat.
Der Chef von Katrine ist der vermeintliche Prototyp eines Stasibeamten - hatten Sie Kontakt mit ehemaligen IMs (Inoffizielle Mitarbeiter, Anm. d. Red.)?Einer der Stasi-Mitarbeiter, der blonde, wird von Thomas Lawinky gespielt. Als wir ihn ausgesucht haben, hat der mich beiseite genommen und gesagt: „Georg, ich muss dir erst mal was erzählen." Und er sagte, dass er selbst bei der Stasi gewesen sei, und hat mir dann seine Geschichte erzählt. Thomas ist ähnlich komplex verstrickt da hineingeraten wie Katrine im Film.
Vorher hatte ich zwei andere ehemalige Stasi-Mitarbeiter getroffen. Einer von ihnen ist relativ bekannt unter dem Namen Werner Stiller. Er war der meistgejagte Agent, den es auf deutschem Boden je gegeben hat - Doppelagent Stasi-BND (Bundesnachrichtendienst, Anm. d. Red.). Er hat auch den Film gesehen, bevor wir ihn ganz fertig geschnitten hatten. Bei der Jahn-Behörde habe ich mit zwei Mitarbeitern gesprochen, die sich mit diesen Vorgängen auskennen. Alle haben das Drehbuch gelesen und gesagt, was glaubhaft ist und wie das in etwa auszusehen hat.
Was haben die Gespräche, die Sie vorab mit ehemaligen Lebensborn-Kindern geführt haben, zu ihrer Geschichte beigetragen?Um es direkt zu sagen: die Art und Weise, wie Liv Ullmann guckt. Sie spielt eine Person, die so was erlebt hat. Die Gespräche haben also vor allem zu der Emotionalität beigetragen. Beeindruckt hat mich die Geschichte von Arno Kaube, der mittlerweile seinen norwegischen Namen wieder angenommen hat. Er ist 1990 zu seiner Mutter ausgereist nach Norwegen. Hat das Haus gefunden, hat geklingelt, sie hat ihm geöffnet, hat ihn erkannt und ihm die Tür vor der Nase zugeknallt. Arno war in Tränen aufgelöst, als er das erzählte. Dieses Verhalten der Mutter erklärt sich dadurch, dass diese Frauen als „Deutschenflittchen" aus der Gesellschaft ausgegrenzt wurden und großes Leid erlebt haben.