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BioNTech: Geheimprojekt Impfung

tritt in den Raum, und alles leuchtet. "Impfzentrum Düsseldorf" steht auf einer großen Stellwand, die von Scheinwerfern angestrahlt wird. "Bitte halten Sie Ihre Impfberechtigung, Personalausweis und Impfpass bereit", flimmert es von Monitoren. Daneben kleine Bilder: eine Spritze, eine Ampulle, ein Barcode. Eigentlich ist dies nur der Eingang eines Ortes, der einmal ein Impfzentrum werden könnte, eine Halle in einem Industriegebiet, Straßenbahnendstation. Doch am Dienstag vergangener Woche, als der Bundesgesundheitsminister zu Gast ist, soll alles so aussehen wie die Vorschau auf ein Leben nach der Pandemie.

Und so sieht es aus: Plastik-Noppenboden und Absperrungen, damit die Journalisten dem Minister nicht zu nahe kommen. Spahn, der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet und der Düsseldorfer Oberbürgermeister schweben herein, abgeschirmt von einer Traube dunkel gekleideter Sicherheitsleute. Draußen auf der Straße demonstrieren Corona-Leugner. Einer von ihnen hat versucht, ein Auto anzuhalten, von dem er dachte, Spahn sitze darin. Drinnen nimmt der Minister seine Maske ab und lässt sich fotografieren, minutenlang. Jens Spahn steht still, mit geradem Rücken, als sei er eine Wachsfigur.

Als die Pandemie Deutschland erreichte, war er noch ein ganz gewöhnlicher Gesundheitsminister. Jetzt ist er der Corona-Minister, Angela Merkels Hauptgesprächspartner in der Regierung. Auch von dem CDU-Politiker hängt ab, wann die in Deutschland beginnen kann. Geht etwas Gravierendes schief, wird man es ihm anlasten. Geht alles glatt, wird man ihn dafür feiern. Er weiß um seine Schlüsselrolle, und das merkt man.

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Wie die angekündigte "Impfberechtigung" aussieht, ist noch offen. Genauso wie die Frage, was auf dem Dokument stehen soll, das die Impflinge demnächst vorzeigen sollen. Vielleicht wird es ein Barcode sein, vielleicht nicht, vielleicht bekommt man es beim Hausarzt, vielleicht anderswo.

Noch nie hat es in Deutschland eine Massenimpfung dieser Dimension gegeben, noch nie ist ein so rasant entwickelt worden, noch nie waren Politik und Verwaltung derart von einer Seuche gefordert. Die Zahl der Corona-Toten in Deutschland steigt, mehr als 400 sind es an vielen Tagen. Bayern hat den Katastrophenfall ausgerufen, ein harter Lockdown wird in immer mehr Bundesländern wahrscheinlicher. Impfzentren werden aus dem Boden gestampft, Apotheker, Bundeswehrsoldaten und freiwillige Helfer stehen bereit. Sogar Tierärzte haben erklärt, Menschen impfen zu wollen. Jetzt von Politikern zu verlangen, auf alle Detailfragen schlüssige Antworten zu liefern, wäre unfair. Aber man sollte erwarten, dass die wichtigsten Aufgaben verteilt sind.

In gewisser Weise sind die Impfzentren der Versuch, die Verteilung des Impfstoffes gerecht zu regeln. Hier, so die Idee, lässt sich der Impfstoff nach und nach an jene Bevölkerungsgruppen verteilen, die ihn zuerst verdient haben. "Wir müssen Gleiche gleich behandeln und Ungleiche ungleich", betonte Alena Buyx vom Deutschen Ethikrat. Nicht jeder Mensch brauche den Stoff gleich dringend. Aber wer braucht ihn am meisten?

Aus Kreisen der Ständigen Impfkommission heißt es, man habe dies bereits vor Wochen entschieden. Jedenfalls die Frage nach den Erstversorgten sei beantwortet. Das Papier wurde an diesem Montag veröffentlicht. Diese Gruppen haben demnach oberste Priorität: über 80-Jährige, Krankenhausmitarbeiter, die Kontakt zu gefährdeten Menschen haben, Bewohner von Altenheimen. Sie alle wären als Erste dran, und zwar gleichzeitig. Über diese Empfehlung hat Jens Spahn öffentlich noch nicht gesprochen, vermutlich tut er es noch.

All die Gremien, auf die sich Politiker bei der Verteilungsfrage berufen, können aber bloß eine Empfehlung abgeben. Entscheiden muss am Ende Jens Spahns Ministerium, noch im Dezember soll es so weit sein. Umsetzen müssen es aber die Länder. Und das Wirrwarr beginnt.

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