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Sozialer Stress in Städten

Der Psychiater und Stressforscher Mazda Adli und sein Team gehen der Frage nach, wie sich eine Stadt eigentlich anfühlt. Im Rahmen eines Citizen-Science-Projekts laden sie Bürger:innen ein, Stress- und Wohlfühlorte in einer App zu sammeln. Die Daten sollen eine gesündere Stadtplanung ermöglichen.

Herr Adli, sind Autor des Buchs „Stress and the City“, das 2017 erschienen ist. Großstädte machen bekanntlich krank. Sie leben selbst seit 26 Jahren in Berlin und – wie passt das zusammen?

Erstmal muss ich mit einem Missverständnis aufräumen, Großstädte sind in erster Linie gute Orte zum Leben. Sie haben eine Menge Vorteile, deshalb wachsen sie auch so stark, sie sind aber nicht für alle Menschen in gleicher Weise gut. Stadtleben hat etwas Zwiespältiges, etwas Ambivalentes. Unter bestimmten Umständen können Großstädte zum toxischen Lebensraum werden. 


Können Sie das genauer erklären? 

Damit meine ich vor allem die Zunahme von sozialem Stress in Städten, also den Stress, der im Zusammenleben von Menschen entstehen kann. Großstädte sind in der Regel dichter, lauter, manchmal auch schmutziger, oft mehr anonym. Dieser Stress kann sich auf die Gesundheit der Bewohner:innen auswirken. Zum sozialen Stadtstress gehört zum Beispiel der Dichtestress, wenn zu viele Menschen auf engem Raum wohnen. Oder etwa der Isolationsstress, wenn man sich nicht zugehörig fühlt oder Schwierigkeiten hat, mit der Anonymität der Stadt umzugehen, was zu Einsamkeit führen kann. In der Regel gleicht sich Stadtstress durch die Vorteile des Stadtlebens aus. Aber: Nicht alle Menschen haben Zugang zu den Vorteilen der Stadt und die gleichen Möglichkeiten zur Entwicklung und Entfaltung. Viele haben beispielsweise aufgrund von ökonomischen Problemen oder kulturellen und sprachlichen Hürden keinen Zugang zu den vielen kulturellen Angeboten oder der eigentlich exzellenten Gesundheitsversorgung einer Stadt. Das Gleiche gilt auch für den Zugang zu den Naturressourcen der Stadt, wie Grün- und Blauflächen und saubere Luft.


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