Mit Spaten und Pflanzsack beladen stiefele ich durchs Unterholz, über Äste, Totholz, Baumstümpfe. Unter mir knackt, kracht und birst es. Es ist 7.25 Uhr, trotz Wollsocken erstarren meine Zehen in den Gummistiefeln. Ich stelle den Pflanzsack mit den jungen Erlen ab, schiebe Moos und Nadeln beiseite und ramme den Spaten in den Boden. Mit beiden Füßen steige ich auf die Schaufel, spalte Wurzeln und komme mir vor wie Rumpelstilzchen. Ich greife nach der Erle, hänge sie bis zu der grünlichen Stelle ins Loch, die Stamm von Wurzelwerk trennt. Erde rauf, festtreten. Zwei Schritte nach vorn, das nächste Loch, der nächste Baum.
263 Bäume werde ich an zwei Tagen pflanzen. Für sie beginnt ein neues Leben. Und ich? Ich habe endlich das Gefühl, etwas zu tun. Gegen den Klimawandel. Und gegen meine Ohnmacht.
Bäume pflanzen ist Handarbeit auf unberäumten Flächen wie dieser. Forstrevier Buchenhorst, Vorpommerscher Landesforst. 3.000 Bäume sollen hier, rund elf Kilometer östlich von Ribnitz-Damgarten, auf dem einen Hektar großen Waldstück in die Erde. Die Eschen, die hier zuvor standen, wurden von einem Pilz dahingerafft: Eschentriebsterben. Es gibt Vermutungen, dass sich der aus Asien stammende Pilz wegen gestiegener Temperaturen auch hierzulande durchsetzen konnte.
Wie eine Horde BorkenkäferIch fühle mich ohnmächtig angesichts einer schier übermächtigen Gegnerin: Die Klimakrise verändert alles und ist doch kaum greifbar. Der Klimawandel ist ein Prozess, so schleichend und geräuschlos, dass oft erst spät auffällt, wo er bereits eingedrungen ist. Wie eine Horde Borkenkäfer, die einen schwachen Baum erst anbohren und anschließend von innen auffressen. Aber seine Folgen werden sicht- und fühlbarer, das hat dieser Sommer gezeigt: ausgetrocknete Flüsse, wochenlange Hitzewellen, brennende Wälder.
Als Journalistin beschreibe ich, wo die Krise schon heute sichtbar ist. Aber reicht das? Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits möchte ich mehr tun. Andererseits begleitet mich dabei ständig ein ungutes Gefühl. Was kann ich allein schon ausrichten? Wenn Großkonzerne schneller auf nachhaltige Energien umstellen würden, das wäre was. Aber politisch, gesamtgesellschaftlich? Geht alles sehr langsam.
Da ist sie wieder, die Ohnmacht. Sie mischt sich mit Angst. Was passiert, wenn nichts passiert? [...]