Liebe Ria Rehberg,
du bist die ritterlich-resolute Stimme in meinem Kopf, die mich im Frollein-Rottenmeier-Ton anpfeift. Bei Animal Equality Deutschland kämpfst du für Tierrechte, mit schrecklichen Bildern und Technologien wie der 360°-Videoshow „iAnimal“. Als Schwein erlebe ich darin die Bedingungen im herkömmlichen Mast- und Schlachtbetrieb hautnah, werde emotional wie ein Knautschball zusammengefaltet und mit Wumms gegen die Wand des Wahnsinns geknallt – aka: den Alltag der Nutztierhaltung.
Du hast geschafft, dass ich – wenn überhaupt – Demeter-Fleisch und kaum noch Schwein kaufe. Schweine artgerecht zu halten, ist viel aufwendiger als etwa Rinder, denn sie sind aktiv und neugierig. Wenn sie können, bewegen sie sich viel, frieren schnell und sind empfindlich. Aufs Tierwohl bedachte Bauern müssten für Schweinefleisch einen Preis verlangen, den nahe-zu niemand bereit ist zu zahlen. Dass ich meine Augen davor nicht verschließen kann, ist dein Verdienst.
Auch dass ich Dokus über Schlachtbedingungen, Zirkus-Leid und verhaltensgestörte Killerwale in Gefangenschaft anschaue. Dabei Rotz und Wasser heule und mich fühle, als zerhäcksle ich meine Seele wie Parmesan auf dem Reibebrett. Dieser kalkulierte Kummer muss sein, ich muss wieder und wieder sehen, wie grausam die Bedingungen sind, unter denen wir Tiere halten, damit mir diese Information in der Alltagshektik nicht schneller flöten geht als Pusteblumensamen im Wind.
Danke, dass du mich konsequent daran erinnerst, dass es nicht okay ist, aus Bequemlichkeit nur dieses eine Mal die Massentierhaltungs-Wurst zu kaufen. Dass wir spinnen, wenn wir zu Ostern in detailverliebten Deko-Orgien Häschen und Lämmer basteln, aber gleichzeitig tagtäglich Küken schreddern. Dass wir scheinheilig einerseits unsere Hunde und Katzen wie Gott-heiten anbeten und uns andererseits nicht um das Schicksal der Schweine scheren, die meist einen höheren IQ haben als Bello und Mietzmietz. Dass du von Edition F jüngst zu einer der „25 Frauen, die unsere Welt besser machen“ gewählt wurdest, ist ein fairer Lohn für deine Mühen.
Ich fürchte oft, von meinem Umfeld in Einkaufsfragen für kompliziert gehalten zu werden. Aber am Ende ist kompliziert besser als scheiße, und indem ich mit der Naivität einer Fünfjährigen die Augen verschließe, verhindere ich kein Unrecht. Deshalb: Danke fürs Verpetzen beim Versteckspielen!
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