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Udo Stammler ist seit 30 Jahren Schuhmacher in Lörrach

Foto: Carolin Jackermeier

Schleifen, polieren, kleben - das ist Alltag für Udo Stammler. Er ist einer von etwa zehn Schuhmachern im Landkreis und besitzt seit 30 Jahren einen Laden in der Rainstraße in Lörrach. Im kleinen Raum, der Werkstatt und Geschäft zugleich ist, riecht es nach Kleber, alles ist durch die Schleifarbeiten von einer dünnen Staubschicht bedeckt und im Hintergrund läuft leise das Radio.

Rechts neben der Eingangstür ist die Theke, der Arbeitsplatz von Udo Stammler, gegenüber sind die reparierten Schuhe aufgereiht. Neben der großen Maschine ist gerade Platz für einen Tisch samt Stuhl, der vor dem Durchgang zum kleinen Lager steht.

Die alte Maschine funktioniert immer noch

Der Schuhmacher arbeitet immer noch mit der Schleif- und Poliermaschine des Vorbesitzers. "Ich hab keine Ahnung, wie alt sie ist", sagt er. Die Maschine funktioniere aber immer noch einwandfrei, sie sei für die Ewigkeit gebaut, nicht so wie die heutigen Geräte. "Der Schuhmacherberuf stirbt aus", glaubt Udo Stammler. Es gebe immer weniger Aufträge. "Ohne Stammkunden würde ich nicht überleben."

Trotzdem der Schuhmacher er den Beruf jederzeit wieder wählen. Er liebt seinen Laden und verbringt etwa elf Stunden täglich im Geschäft. "Ich brauche das", erzählt der 57-Jährige. Urlaub oder Krankheit kann er sich nicht leisten. Immerhin ist der Arbeitsweg kurz: In fünf Minuten ist er mit dem Fahrrad an seiner Wohnung. Am meisten schätzt er den Austausch mit den Menschen.

"Mensch, du bist zu ehrlich"

Während er erzählt, betritt ein Kunde den Laden. Er möchte sich seine Schuhe neu besohlen lassen. Es ist schon später Freitagnachmittag, doch Stammler sichert dem Mann seine Schuhe für Montagmorgen zu. "Eigentlich erledige ich das immer in der gleichen Woche noch", erzählt er. Der Kunde steht im Vordergrund. Wenn sich ein Auftrag preislich für den Kunden nicht lohnt, sagt Stammler das auch. "Mensch, du bist zu ehrlich", bekommt er dafür immer zu hören.

Aber Ehrlichkeit zahle sich aus und er ist glücklich, wenn er spürt, dass die Kunden sich freuen und dankbar sind. Einmal hat er eine Tasche aus Mallorca geflickt. "Die Kundin war so begeistert", sagt er mit einem Lächeln im Gesicht. Das sind Momente in denen er stolz ist, den Menschen eine Freude machen zu können.

Schutzbrille und Schürze müssen sein

Obwohl schon alles verräumt hat, möchte Stammler demonstrieren, wie er arbeitet: "Jetzt improvisieren wir mal", meint er. Er holt einen Stiefel aus dem Lager und beginnt den Umriss des Absatzes abzumalen, um ihn aus einer Gummimatte auszuschneiden. Anschließend müssen die Ausschnitte mit Kleber befestigt werden.

An der Maschine werden überstehende Ecken weggeschliffen und die Oberfläche poliert. Außerdem muss Farbe aufgetragen werden. In seiner Werkstatt ist alles fein säuberlich geordnet. "Das ist so ein Tick von mir", meint Stammler. Auch auf Schutzbrille und geschlossene Schürze legt er Wert. So konnte er Verletzungen bisher vermeiden.

Die Materialien sind billig geworden

Am Beruf selbst hat sich nicht viel verändert, lediglich die Materialen: "Heute hält nichts mehr", meint Stammler. Die Materialien seien billiger und kurzlebiger geworden. Er ist froh, wenn er mal wieder einen schönen Lederschuh in der Hand hat. Alte Materialien werden heute teilweise nicht mehr gekauft und sind schwer zu bekommen.

Ursprünglich wollte Udo Stammler Uhrmacher werden; doch seine Augen waren zu schlecht. Gelernt hat der gebürtige Lörracher sein Handwerk in Waiblingen bei Stuttgart. Während der Lehre wohnte er in einem Internat, arbeitete anschließend bei einem orthopädischen Schuhmacher.

"Zum Schaffen gibt's immer was"

Das sei eine schöne Zeit gewesen, sagt er etwas wehmütig. Doch dann bekam er die Chance, den Laden in Lörrach zu übernehmen, in dem er schon als Kind seine Schuhe reparieren ließ. Dies war nicht ganz einfach, da Stammler aufgrund einer Behinderung keinen Meister machen konnte.

Um trotzdem einen Betrieb leiten zu können musste er mehrere Prüfungen ablegen. Von seiner Gehbehinderung und seiner eingeschränkten Sicht lässt er sich nicht negativ beeinflussen.

In den Jahren habe er viel Kraft gelassen, erzählt er. Am schlechtesten läuft es im Winter. Im Sommer gibt es mehr Aufträge, aber allgemein könnten es mehr sein. Er sei jedoch nicht sehr anspruchsvoll und kommt deshalb die Runden. "Zum Schaffen gibt's immer was", sagt Udo Stammler zuversichtlich.


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