Hannover. Ich saß vor zwei Jahren an einem lauen Augustwochenende in der Männerrunde meines Geburtsvorbereitungskurses. Wir sollten über unsere künftige Vaterrolle sprechen - über Ängste, Sorgen, Wünsche. Eigentlich! Stattdessen rissen wir Witze über die kulinarischen Vorlieben unserer schwangeren Frauen und pflegten Small Talk über Job und Hobbys. Ernsthafte Themen? Fehlanzeige.
Uns brannten wichtigere Frage auf den Nägeln: Wann kann man zum ersten Mal gemeinsam mit Duplo oder Lego spielen? Ist Fußball oder doch Handball der bessere Sport ? Wie wird es sein, wenn die Tochter ihren ersten Freund mit nach Hause bringt? Elternzeit, Windelnwechseln, die erste Grippe - für harte Realität war in dieser Runde kein Platz - vielleicht lag einfach zu viel Testosteron in der Luft, vielleicht sollte die Hebamme im Geburtsvorbereitungskurs einfach mal über die ersten Tage mit Kind sprechen.
In der letzten Nacht fielen mir diese Gespräche wieder ein. Was waren wir doch naiv! Neben mir schnarcht mein kleiner Sohn. Es ist kurz vor Mitternacht. Trotzdem liegen wir beide nicht in unseren Betten, sondern auf der Spieldecke im Wohnzimmer, zwischen Stapelbechern und Bauklötzen. Der nächste Zahn, die erste Erkältung und eine Wachstumsphase haben sich zu einem verhängnisvollen Triumvirat gegen den elterlichen Schlaf verbündet. Stillen, Rumtragen, Kinderlieder, nichts hilft gegen den kindlichen Unmut. Der letzte Ausweg ist Ablenkung. Wir stapeln Bauklötze, bis die kleinen Augen endlich zufallen.
Ja, das Leben hat sich komplett verändert, seit ich Papa bin. Diese Erkenntnis werde ich beim nächsten Treffen mit meinen noch kinderlosen Freunden teilen und über ihre eigenen Väterillusionen schmunzeln. Vielleicht kann ich sie besser vorbereiten ... Über diese wohlige Vorstellung schlafe ich ein, jedenfalls für ein, -zwei Stunden, bis mein Sohn wieder Lust auf Bauklötze hat oder eine neue Windel braucht
Von Birk Grüling/RND