Sie lauern immer und überall. Im Elternhaus und im japanischen
Restaurant, in der Pop-Musik oder in Möbelhäusern. Ein Attrappen-Lexikon
SPEISEN
Geht man durch die Straßen Tokios, wird man an Restaurants vorbeikommen,
in deren Schaufenstern die leckersten Gerichte stehen. Sushi neben
Burger und Bratwurst: frisch, appetitlich, perfekt. Ein halbes Jahr
später wird man all das genauso wieder dort sehen. Appetitlich, perfekt –
aber offensichtlich nicht frisch. Es sind täuschend echte Plastikattrappen, die in Japan als kulinarische Offerte eine lange Tradition (➝ Historismus) besitzen.
Zudem bilden sie ein einträgliches Geschäft: Der größte Hersteller hat
einen Jahresumsatz von knapp 40 Millionen Euro. Aber auch in Deutschland
ist Fake Food gefragt, etwa um Filmsets auszustaffieren. Will man da
aber noch Schauspieler sein, wenn man vor dem perfekten Braten sitzt,
der immer unerreichbar bleibt? Benjamin Knödler
ZUVERSICHT
Das Szenario ist bedrückend: Die verfeindeten Staaten Ariana und Atropia befinden sich im Krieg, es gibt Separatistenaufstände, die Menschen fliehen aus ihren Dörfern. Doch die Region, die eigentlich an der Grenze zwischen Asien und Europa liegen sollte, befindet sich im fränkischen Hohenfels. Die umkämpften Krankenhäuser, Kirchen und Regierungsgebäude sind Attrappen, um NATO-Einsätze zu trainieren. Und auch die Bewohner sind Statisten, ein bunter Haufen aus Studenten, Rentnern, Arbeitslosen. Für sie ist der Fake-Krieg eine Möglichkeit zum Zuverdienst. Während der dreiwöchigen Übung erhalten sie Tagessätze, als Dorfbürgermeister zum Beispiel 85 Euro am Tag. Bald wird es für die „Zivilisten“ neue Einsatzorte geben: In Sachsen-Anhalt entsteht gerade die größte militärische Trainingsstadt Europas, inklusive ➝ U-Bahn-Station. Benjamin Knödler
Dieser Beitrag erschien in Ausgabe 10/16 der Wochenzeitung der Freitag.