Annika Zieske

Redakteurin & Autorin, Berlin

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Fashion Week für alle: Die Berliner Modewoche ist nicht nur etwas für Fachleute, einige Showrooms und Ausstellungen sind für jeden zugänglich

In anderthalb Wochen ist es wieder soweit: am 18. Januar startet die Berliner Fashion Week. Im Zelt am Bebelplatz finden Modenschauen von namhaften Designern wie Kilian Kerner, Lala Berlin oder Kaviar Gauche statt. Zeitgleich öffnen die beiden Messen Premium und Bread & Butter ihre Türen - allerdings nur für Fachpublikum, für Stars wie Boris Becker oder eben andere Besucher mit Einladung oder Akkreditierung. Doch auch für nicht akkreditierte Modebegeisterte gibt es seit geraumer Zeit zahlreiche Veranstaltungen. So ist es der Nachwuchs der Berliner Modeschulen oder unabhängige Showrooms sowie auch offizielle Sponsoren, die Einblicke in die aktuelle Modewelt geben. Die Berliner Esmod Modeschule mit ihrem Showroom stellen Kreationen von Studenten aus allen drei Jahrgängen vor. Entstanden sind diese Stücke für die jährlich stattfindende Fashionshow der Esmod im Dezember, die sich Sainte Catherine nennt und eine Benefiz-Veranstaltung ist. Die Entwürfe der Studenten stehen unter einem gemeinsamen Motto namens "Barocco Code", den Schulleiterin Silvia Kadolsky als "Symbiose zwischen Barock, Rokoko und der individuellen kreativen Umsetzung der Studierenden" erklärt. Dementsprechend sind die ausgestellten 150 Kleidungsstücke glamourös, elegant und auch ein wenig exzentrisch, so auch die Mode von Amanda Konorza. Die Newcomerin ist Studentin im zweiten Jahr. Für ihr opulentes Kleid verwendete sie verschiedene Arten von alter Spitze, die sie mit Tee und Kaffee färbte, um ihnen einen stärkeren vergilbten Farbton zu geben. Die Vorderseite des Rockteils besteht aus Pfauenfedern, diese sind für Amanda ein perfektes Symbol für Eleganz und Opulenz. "Ich wollte dem ganzen Kleid aber den Anschein von Verfall und Alter geben, also habe ich viel experimentiert und die Federn letztendlich mit gängiger Haartönung gebleicht." Zwei weitere Modeschöpferinnen, Leyla Koc und Marieke Heinrich, studieren im ersten Jahr und beschäftigten sich mit Themen wie Ernte und Natur. Bei Koc symbolisieren Federn und kleine Perlen die Saat eines Feldes, die von Krähen aufgepickt wird. Heinrich brachte die Natur mittels Drucken von Blättern direkt auf den Stoff auf. Auch einige Showrooms, die bereits etablierte Labels vertreten, beziehen die Öffentlichkeit stärker ein. Der Green Showroom hat sich der umweltbewussten und nachhaltigen Mode verschrieben. Hinter dem Projekt stehen die Designerinnen Magdalena Schaffrin, ihr Name ist ihr Label, und Jana Keller, die für RoyalBLUSH verantwortlich ist. Der Green Showroom hat eine exklusive Adresse gefunden, nämlich im Fünf-Sterne-Hotel Adlon. Es werden Kleidungsstücke und Accessoires von Labels wie Braintree, Fortschritt Berlin oder Magdalena Schaffrins im Interieur des Hotels präsentiert, nämlich auf den Betten und in den Schränken der Luxussuiten. "Das hat zwei Gründe", erklärt Schaffrin, "zum einen soll sofort klar werden, dass ökologisch nachhaltige Mode nicht immer Vollkornkeks und Jute-Beutel heißen muss, sondern eben luxuriös sein kann. Zum anderen wollten wir eine persönlichere Atmosphäre herstellen als es in den anonymen Messehallen möglich ist." Schaffrin und Keller wollen zudem den Begriff Luxus neu definieren: "Luxus bedeutet für uns, hohe Qualität zu genießen und gleichzeitig die Gewissheit zu haben, dass die Produkte sozial verantwortlich und ökologisch verträglich hergestellt wurden." Der Showroom gastiert zum dritten Mal in Berlin. In den letzten Jahren war jeweils der letzte Tag der Veranstaltung, der Public Day, also für die Öffentlichkeit zugänglich. In diesem Jahr wird das öffentliche Angebot noch erweitert, parallel zum Showroom findet die gesamten drei Tage der Green Shop statt. Während im Showroom dem Fachpublikum die Herbst-/Winter-Kollektionen 2011/2012 erstmals präsentiert werden, hängen im Green Shop Stücke aus den Frühling-/Sommer-Kollektionen 2011 oder der Winter-Kollektion 2010 der Designer. Und die können allesamt käuflich erworben werden. "Wir hatten immer so viel Rückmeldung beim Public Day, es kamen so viele Besucher, dass wir in diesem Jahr einfach alle drei Tage einen Shop eingerichtet haben, um den Leuten die Möglichkeit zu geben, sich die Sachen anzuschauen und gleich zu kaufen", erklärt Schaffrin. Auch der offizielle Sponsor der Fashion Week am Bebelplatz präsentiert neben den exklusiven Modenschauen eine Veranstaltung für die Berliner Öffentlichkeit. Der Autohersteller lässt es sich dabei natürlich nicht nehmen, gleich noch auf die Verbindung zwischen den eigenen Produkten und der Mode zu verweisen. Dazu wurde in diesem Jahr die Ausstellung "Recollection Quartett" entwickelt, die klassisches funktionales Design, Technik und Mode verbinden soll. Unterstützung holten sich die Veranstalter dabei vom renommierten Modemuseum Antwerpen (MoMu). Die Leiterin des MoMu Kat Debo und ihr Team stellten dafür eine Gruppe von avantgardistischen Designern und Künstlern zusammen. Der Fotograf, Künstler und Grafikdesigner Frederik Heyman entwarf szenische Kulisseninstallationen für jeweils ein klassisches Automodell. Für jede Installation wurde zudem ein Designer beauftragt, drei Entwürfe anzufertigen, die auf Puppen in der Installation präsentiert werden. Teilnehmende Designer sind Henrik Vibskov, Peter Pilotto und Christopher De Vos, Mikio Sakabe und der Deutsche Bernhard Willhelm. Letzterer hat selbst in Antwerpen an der königlichen Akademie studiert. Willhelm freut sich, den Berlinern im Rahmen der Fashion Week wieder einen Einblick in seine Entwürfe zu präsentieren, obwohl er dieses Mal keine eigene Show hat: "Ich lebe ja nicht mehr in Deutschland, aber wir haben 2009 eine Show in Berlin gemacht, und es war eine der besten, die wir je hatten." Tatsächlich war diese Show eher eine Installation als klassische Modenschau. Einen Laufsteg gab es nicht, stattdessen waren die Models in phantasievollen Kulissen platziert. So ist Willhelms Teilnahme am "Recollection Quartett" als logischer Schritt zu begreifen - selbst wenn der Designer privat gar kein Auto fährt: "Ich finde die Ausstellung ein gutes Projekt, einen Mercedes fahre ich aber nicht, ich fahre lieber mit dem Fahrrad." ------------------------------ Gute Adressen Esmod "Barocco-Code" Showroom, Atrium der Deutschen Bank, Unter den Linden 13/15, Mitte, 19. bis 21. Januar, 10 bis 18 Uhr Green Shop Showroom, Hotel Adlon, Unter den Linden 77, Mitte, 19. bis 21. Januar, 10 bis 20 Uhr "Recollection Quartett" Bühnenservice - Stiftung Oper, Zinnowitzer Straße, Ecke Am Nordbahnhof, Mitte, 19. bis 23. Januar, 12 bis 20 Uhr, Fr 12 bis 17 Uhr ------------------------------ Foto: Die Esmod-Studentinnen Marieke Heinrich, Leyla Koc und Amanda Konorza mit ihren Entwürfen.

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