Osnabrück. Sibylle Berg führt ihre Leser in „Wunderbare Jahre. Als wir noch die Welt reisten" an nahe und ferne Orte. Schön ist es aber nirgendwo.
Es gibt Reiseführer, die malen fremde Orte in schillerndsten Farben aus und wecken ein heftiges Fernweh. Und dann gibt es Sibylle Berg. Ihr jüngstes Buch erreicht eher das Gegenteil, nämlich froh zu sein, es auf dem heimischen Sofa lesen zu können.
(Weiterlesen: Sibylle Bergs Roman „Der Tag, an dem meine Frau einen Mann fand") Sehnsuchtsorte werden trist oder gar gefährlichSehnsuchtsorte werden hier auf mal trist und langweilig oder gar gefährlich und lebensbedrohend. Wir reisen mit ihr zurück ins Mazedonien von 1999, genauer nach Skopje, wo der Krieg im Kosovo „sichere zehn Minuten entfernt" ist, wie es im typischen Berg-Slang heißt. Oder sitzen in Myanmar sprichwörtlich in einem Boot mit Rebellen. Aber auch in näher gelegenen Gefilden ist es nicht unbedingt schön. Das beschauliche Wien wird bei einer missglückten Reise zum langweiligen Ort, wo die Reisende von allem Interessanten ausgeschlossen ist. Und erst Bayreuth, das „Wunderland der Gardinenkleider". Die Festspiele sind hier bieder und langweilig. Und dort, wo es aufregend wird, nämlich in der Schlingensief-Inszenierung, sitzen lauter Menschen, die damit nichts anfangen können.
(Weiterlesen: Sibylle Bergs Stück „Angst reist mit") Nicht mal Zuhause ist es sicherDa ist sie wieder, die Spötterin Sibylle Berg. Die jedem Kapitel in „PS"-Anhängen noch furchtbarere Ereignisse hinzufügt. Terroranschläge. Umweltkatastrophen. Davor sind wir am Ende nicht mal auf dem Sofa sicher. In Weimar stürmen Rechtsradikale die Kundgebung der Gewerkschaft. In Wien schickt die FPÖ einen Kandidaten in die Stichwahl fürs Bundespräsidialamt. Bergs schöne neue Welt ist nichts für Romantiker.