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Kopflose Rambos? Wenn Zürcher Polizist:innen prügeln

Als Moritz auf den Boden gedrückt wird, begründen die Beamt:innen den Angriff mit einem Steinwurf – der laut Moritz nie stattgefunden hat. (Illustration: @lindaluxemburgerli)

Ein Geschoss trifft Moritz* am Hals. Ein zweites am Brust­korb. Ein drittes am Bauch. Er fällt zu Boden und verliert das Bewusstsein.

Als er die Augen öffnet, sieht er die Stiefel von drei Polizist:innen. Ein Fuss drückt auf seinen Rücken und klemmt Moritz' linken Arm zwischen Ober­körper und Boden ein. Eine Stimme befiehlt: „Hand auf den Rücken! Leisten Sie keinen Widerstand!"

Moritz will ansetzen, um zu erklären, dass ihm das nicht möglich sei, doch er bekommt keine Luft. Ein Poli­zist tritt mit dem Fuss mehrere Male gegen Moritz' Ober­körper. Ein zweiter drischt von oben auf ihn ein. Moritz krümmt sich vor Schmerz.

Als er langsam zu sich kommt, hört Moritz eine näher kommende männ­liche Stimme: „Woher kommt denn der da?" Moritz vermutet später, dass es sich dabei um den Einsatz­leiter handelt. „Der lag da vor mir auf dem Boden", antwortet einer der anderen Poli­zi­sten. „Was hat er denn gemacht?", fragt die erste Stimme. „Hat wahr­schein­lich Steine geschmissen", antwortet jemand. „Ja! Genau. Steine geschmissen", pflichten weitere Stimmen bei.

So wird es Moritz später erzählen. Seine Erin­ne­rungen hat er noch am selben Tag in einem Gedächt­nis­pro­to­koll fest­ge­halten, welches das Lamm vorliegt.

Moritz ist ein gross­ge­wach­sener Mann mit schul­ter­langem Haar. An diesem Tag im September 2019 wurde er Opfer eines gewalt­vollen Poli­zei­ein­satzes. In den vergan­genen Jahren kam es in Zürich zu einer Hand­voll Fällen schwer­wie­gender Poli­zei­ge­walt. Der bislang schlimmste ist der Fall eines Mannes, der von zwei Zürcher Poli­zi­sten 13-Mal ange­schossen wurde. Er leidet sechs Jahre danach noch an den Folgen. Das Verfahren gegen den Poli­zi­sten ist immer noch hängig.

Während Schuss­waf­fen­ein­sätze bis heute in Zürich eine Selten­heit darstellen, ist das, was an diesem Septem­bertag in Zürich geschah, nichts Unge­wöhn­li­ches. Einsätze wie dieser ereignen sich oft, fast beiläufig. Wie oft genau, weiss niemand. Es werden dazu keine Zahlen erhoben. Die Opfer haben wenig Möglich­keiten, sich dagegen zur Wehr zu setzen.

Auch Moritz konnte sich nicht wehren. Am Ende dieser Geschichte werden nämlich nicht die tretenden Einsatz­kräfte, sondern Moritz verur­teilt. Warum?


Ganzer Text auf daslamm.ch

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