Berliner testen: Was für viele nach einem Traumjob klingt, ist für die Lebensmittelchemikerinnen im Landesuntersuchungsamt in Koblenz harte Arbeit. RZ-Reporterin Agatha Mazur hat mitverkostet. Teil drei unserer Serie "Fünf Sinne in Koblenz".
Geschmack auf dem Prüfstand Goldgelb liegt der Berliner vor mir auf dem Teller, appetitlich angeschnitten, die Erdbeermarmelade quillt heraus. Oder ist es Himbeere? Das werde ich gleich herausfinden: Heute besuche ich das Institut für Lebensmitteltechnologie des Landesuntersuchungsamts.Hier probieren die Chemiker unterschiedliche Backwaren - und überprüfen sie sensorisch und analytisch. Schmeckt der Berliner so, wie er schmecken soll? Welche Zusatzstoffe sind drin, und sind sie deklariert? Regelmäßig schicken Kontrolleure Proben ins Labor. Aber auch jeder Bürger kann auf Verdacht etwas einsenden.
Jutta Taler und Nicole Tschiersch sind die beiden Lebensmittelchemikerinnen, bei denen ich mir heute abschaue, wie getestet wird. Rund ein- bis zweimal in der Woche verkosten sie diverse Backwaren. Sie schmecken heraus, ob das Fett, in den das Gebäck getunkt wurde, ranzig war oder frisch. Sie schmecken unterschiedliche Aromastoffe heraus, können zwischen künstlichem Vanillin und natürlicher Vanille unterscheiden und mit ihrer Zunge den Zuckergehalt beurteilen.
Proben in ganz Rheinland-Pfalz gesammeltMeist finden die Verkostungen am Vormittag zwischen 10 und 11 Uhr statt, dann ist das Frühstück schon etwas länger her, aber der Hunger aufs Mittagessen hat sich noch nicht eingestellt. Kurz davor verzichten sie beispielsweise auch auf Kaffee, erklärt Nicole Tschiersch. So soll der Geschmack nicht beeinflusst werden. Wenn nachmittags getestet werden soll, warten die beiden Frauen gern ab: Ab 14 Uhr ist die Zeit wieder günstig, wenn das Mittagessen schon seit einer knappen Stunde im Magen liegt.
Milchcreme-Berliner und Apfelschnecke, mit Zuckerguss oder ohne: Das Gebäck kommt aus dem ganzen Land. Proben aus Mainz, Altenkirchen oder der Vulkaneifel liegen vor mir auf dem Tisch.
Es geht los mit einem Quarkbällchen. Vorsichtig reiße ich ein Stückchen der Außenhaut ab und nehme es in den Mund. Fettig ist es, süß. Nicole Tschiersch beurteilt routiniert: "Vanille" erkennt sie deutlich, und es "schmeckt nach Backpulver". Ja, den Geschmack erkenne ich auch. Beim Berliner wird es schwieriger: Das Fett schmeckt man hier eher raus als beim Quarkbällchen, sind sich die beiden Lebensmittelchemikerinnen sicher. Für mich schmeckt die Außenhaut der beiden goldbraunen Fettgebäckstücke gleich. Wie ist er denn nun gefüllt, unser Berliner? Das ist doch Erdbeere, bin ich mir sicher. Nein, tatsächlich ist es Himbeere.
Durch regelmäßige Sensorikschulungen sind die Mitarbeiter darauf getrimmt, Sachen gezielt rausschmecken zu können. Mit Genuss hat das nicht mehr allzu viel zu tun. Aber etwas Gutes sieht Nicole Tschiersch dennoch darin: "Man bekommt beruflich neue Lebensmittel auf den Tisch", sagt sie. Früher habe sie ungern Oliven gegessen, es war eine Überwindung für sie, diese zu testen. "Jetzt weiß ich sie zu schätzen", sagt Tschiersch schmunzelnd.
Wir sind mittlerweile bei der Apfelschnecke angekommen. Die Lebensmittelchemikerinnen sind sich einig: Die Apfelstückchen schmeckt man gut heraus. Tatsächlich finde ich den Apfelgeschmack ziemlich fad, aber so ist das wohl, wenn ein Gebäck in Fett gebrutzelt wird.
Fleisch wird auch auf Keime untersuchtHinter mir im Labor ist der Kollege fleißig dabei, alle Untersuchungsergebnisse zu notieren. Ein auffälliges Ergebnis ist heute nicht dabei. Generell testen die Mitarbeiter zum einen darauf, ob in einem Produkt das drin ist, was vom Hersteller angegeben wird, also ob der Verbraucher getäuscht wird oder nicht. Ein weiterer Aspekt ist das gesundheitliche Risiko, erklärt Pressesprecher Achim Ginkel. Bei Gebäck ist das meist nicht so hoch wie beispielsweise bei Lebensmitteln wie Hackfleisch. Da sieht die Sache natürlich anders aus. Bei der mikrobiologischen Untersuchung wird Fleisch auf Keime wie Salmonellen untersucht.
Doch genug der Kalorienbomben. Ich bin durch mit Berliner und Co. und stelle fest: Es ist schwer, minimale Unterschiede herauszuschmecken. Dass dafür regelmäßiges Training nötig ist, glaube ich sofort. Die Lust auf Fettgebäck habe ich aber auch nach der Probe nicht verloren. Auf geht es zur nächsten Bäckerei.
Wie der Geschmack im Mund zustande kommt Ein Mensch verfügt über circa 2000 bis 5000 Geschmacksknospen, die auf der Zunge und im Rachenraum sitzen. Diese Geschmacksknospen wiederum bestehen aus einzelnen Zellen. Unterschiedliche Geschmacksrichtungen reizen unterschiedliche Zellen: Vorne auf der Zunge sitzen die Rezeptoren, die eher Süßes herausschmecken. Dann folgen Bereiche der Zunge, in denen die Rezeptoren sitzen, die mehr Salziges und Saures schmecken. Hinten auf der Zunge sitzen die Geschmacksknospen, die verstärkt Bitteres herausschmecken.
Koblenz/Kaltenengers. Einfach seine Angel ins Wasser halten und sich selbst sein Abendessen fangen - was einfach klingt, darf in Deutschland nur derjenige, der seine Prüfung abgelegt hat. 200 bis 250 Angelfreunde büffeln jährlich zu Fragen der Gewässer- und Fischkunde und legen ihre Anglerprüfung beim Landesfischereiverband Rheinland-Rheinhessen an den unterschiedlichen Standorten ab.
Ausbildungsreferent Dennis Krambrich organisiert die Lehrgänge, die auch in Koblenz und Umgebung stattfinden. Er selbst ist passionierter Angler und schwärmt von Aal. Aber auch ein Zander- oder Barschfilet würde der 33-Jährige nicht links liegen lassen. Und das Rotauge schmeckt eingelegt sehr gut, erklärt er.
Rhein und Mosel sind sich bei den Fischarten ähnlich Grundsätzlich kommen in Mosel und Rhein die gleichen Fischarten vor: Rotauge, Rotfeder, Barbe, Wels, Barsch, Zander, Lauben oder Moderlieschen sind nur einige Beispiele. Und ja, der Fisch schmeckt anders, wenn man ihn angelt, als wenn man ihn im Supermarkt kauft, ist Krambrich überzeugt. Vielleicht kommt da der Jagdtrieb heraus, meint er verschmitzt: „Aber sein eigenes Essen zu fangen, ist etwas Besonderes."
Das empfindet auch Jennifer Laux so. Die 37-jährige Koblenzerin hat im vergangenen Dezember ihre Anglerprüfung absolviert. Durch einen Bekannten ist sie vor sechs Jahren zum Angeln gekommen, irgendwann hat es ihr aber nicht mehr gereicht, nur danebenzustehen und zuzuschauen. Tatsächlich sind Frauen aber bislang noch die Minderheit in den Kursen. Die meisten Angler sind männlich.
Was möglicherweise abschreckt, ist die Tatsache, dass man den Fisch selbst töten muss. Frauen haben vielleicht mehr Skrupel und eine höhere Hemmschwelle, vermutet Jennifer Laux. Sie hat bereits einen Fisch getötet, das gehört dazu. „Das macht man natürlich nicht gern", räumt sie ein. Aber man weiß, dass man den Fisch nicht zum Spaß tötet, sondern um sich Essen zu beschaffen - das ist für viele Angler ein Unterschied. Und der Reiz, sein eigenes Essen zu fangen, ist groß. Man hat die Gewissheit, dass der Fisch frisch ist. „Du hast ihn geangelt, du weißt, wo er herkommt", beschreibt Jennifer Laux das gute Gefühl, sich sein Essen selbst zuzubereiten.
Naturgetreuer GeschmackDer Fisch kommt bei ihr möglichst naturbelassen auf den Teller: gebraten, nur mit Salz und Pfeffer gewürzt. So mag ihn die Mediendesignerin. Was gar nicht geht, ist eine dicke Panade. Zitrone kommt bei Laux auch nicht dran, denn ursprünglich sollte der frische Geruch und Geschmack der Zitrusfrucht den Fischgeruch überdecken. Aber wenn ein Fisch stark nach Fisch riecht, ist er schon nicht mehr gut, meint Laux lachend. Der Vater ihres Lebensgefährten legt den Fisch mit Zwiebeln in Essig ein, „dazu Baguette", schwärmt Laux (siehe Rezept). Ein Tipp für Feinschmecker: der Rogen, reife Eier weiblicher Fische, beispielsweise von Forellen oder Dorschen, sollte man nicht wegwerfen: „Gebraten ist er eine Delikatesse."
Die 37-Jährige ist froh, das Hobby mit ihrem Lebensgefährten zu teilen. Ulrich Merkt angelt mit mindestens genauso großer Leidenschaft wie sie. „Es ist toll, gemeinsam das Essen vorzubereiten", sagt Jennifer Laux.
Die Koblenzerin angelt am Rhein, aber auch die Mosel wird sie nicht verschmähen - wegen der Fangquoten. Man sagt, dass die Angler dort mehr Fische fangen, verrät sie. Sowieso sind Angler hier in der Gegend verwöhnt: Es gibt viele gute Gewässer. Man kann auch im Laacher See und in einigen Maaren, in der Elz, Wied, Lahn oder im Saynbach sowie in der Nette angeln. So kommt das Essen frisch vom Fluss auf den Teller.
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