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Italiens Rassismus-Problem: Fußball Schwarz-Weiß

Quelle: imago

Schon wieder gab es zwei Rassismus-Skandale im italienischen Fußball. Der Betroffene Sulley Muntari meldet sich nun in einem Fernseh-Interview zu Wort. Es zeigt, wie sehr die Spieler unter den Attacken leiden.

Eine klassische Talkrunde. Fußballexperten, eine Moderatorin, alles schon Tausend Mal gesehen. Ein Fußballer ist zugeschaltet, er stand bis eben noch auf dem Platz und soll nun eine Spielszene analysieren. Dann bricht er das Interview empört ab, nimmt den Knopf aus dem Ohr und verschwindet aus dem Bild. Der Spieler ist Medhi Benatia, ehemals bei Bayern kickt er mittlerweile für Juventus Turin. Über seine Kopfhörer hatte ihn ein Mitarbeiter des italienischen Fernsehsenders RAI als "Scheiß Marokkaner" bezeichnet. 

Meine Farbe 

Eine Woche zuvor: Sulley Muntari diskutiert vehement mit dem Schiedsrichter, sieht die gelbe Karte, diskutiert weiter. Und verlässt schließlich das Spielfeld. Einfach so. Bevor er in den Katakomben verschwindet, blickt er auf die Anhänger über dem Ausgang, schlägt mit der Hand auf seinen Arm und schreit: "This is my colour!" Auch er war von Fans rassistisch beleidigt worden. 

Einige Tage später hat sich Muntaris Aufregung gelegt, die stille Wut ist geblieben. Beim Fernsehsender CNN bezieht der Mittelfeldspieler von Delfino Pescara Stellung. Versucht es zumindest, denn leicht fällt ihm das offensichtlich nicht. Immer wieder ringt er nach Worten, schaut aus dem Bild. Man glaubt ihm, wenn er sagt: "Auf dem Feld bin ich ein harter Typ, aber abseits davon werde ich manchmal sehr emotional." Letztes Mal habe er es dann einfach nicht mehr ausgehalten. 

Kein Einzelfall 

Sulley Muntari ist nicht der erste Spieler, der in Italien wegen Rassismus das Feld verlässt. Auch Kevin-Prince Boateng tat es 2013 und Mario Balotelli kündigte es an. Eine Welle der Solidarität folgte. Auch weil Balotelli der Held der Nationalmannschaft war. Für Muntari hingegen hagelte es Kritik. Der italienische Verband sperrte ihn auf Grund seines "nicht regulären Verhaltens", zog die Sperre aber dann wieder zurück. 

Ein paar Tage später kommt es rund um Medhi Benatias Auftritt im italienischen Fernsehen schließlich zum zweiten Rassismus-Vorfall binnen weniger Tage. Der italienische Fußball hat ein Problem und das nicht erst seit dieser Woche. Wie oft kommen rassistische Beleidigungen vor, fragt die Reporterin Muntari. "Jedes Spiel", sagt der.

»Nur« Italien? 

Bisher haben die Proteste der Spieler nicht viel bewirkt. Und auch die Anti-Rassismus-Kampagnen von Vereinen und Verbänden schützen die Sportler nicht vor den Attacken. In der letzten Zeit sei es in Italien eher schlimmer geworden, findet Muntari.

Die zunehmende Fremdenfeindlichkeit ist aber sicher kein rein italienisches Problem. Auch in England, Polen oder Deutschland kommt es immer wieder zu rassistischen Attacken, so wie jüngst in Babelsberg. Oft begleitet von einem lauten, aber kurzen Aufschrei. Unterstützung erfahren die Betroffenen dann meist, weil sie Boateng oder Balotelli heißen und gute Fußballer sind, und nicht weil, sondern obwohl sie einer Minderheit angehören. 

Und deshalb protestieren die Betroffenen, müssen sie protestieren. Muntari selbst könnte sich einen Spieler-Streik gut vorstellen: »Ich würde auf jeden Fall mitmachen. Ich wäre der erste, egal wo ich hingehe.« 

Als Kevin-Prince Boateng 2013 das Spielfeld verließ, schloss sich seine gesamte Mannschaft an, um ein Statement zu setzen. Muntari hingegen ging allein. Dabei wäre es doch endlich an der Zeit, dass eine gesamte Gesellschaft nachzieht.

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