Auf der Promenade flanieren, im Restaurant sitzen und auf dem Balkon der Ferienwohnung frühstücken: Seit dem 1. Mai ist Urlaub an der Nordseeküste wieder möglich - unter besonderen Bedingungen. Auf der Ferieninsel Föhr ist der Gästeandrang bemerkbar: Sechs zusätzliche Fähren legten am Starttag in der Inselhauptstadt Wyk an, rund 1000 Autos setzten vom Festland über.
Gastronomien und Beherbergungsstätten dürfen auf Föhr nun wieder öffnen. Das Kult-Restaurant "Zum glücklichen Matthias" nimmt an dem Modellversuch teil und darf wieder Gäste begrüßen - unter bestimmten Voraussetzungen: Besucher müssen einen negativen Schnelltest vorweisen, der nicht älter als 24 Stunden ist und sich mit der Luca-App einloggen. Für Restaurantbesitzer Maik Kruse ist die große Probe für die Sommersaison allerdings mit viel Aufwand verbunden.
Maik Kruse, Restaurantbesitzer" Der bürokratische Kram ist schon sehr aufwendig. Gerade, wenn man sich an der Modellregion beteiligt, muss man sich schon an gewisse Maßnahmen halten. Das ist ein enormer Papierwust, der da hin und her geschoben werden muss. Wir sind drauf vorbereitet und wir werden mal sehen, ob das alles so ordnungsgemäß über die Bühne geht ".
Freie Plätze sucht man im "Glücklichen Matthias" am Abend vergeblich: Das Restaurant ist ausgebucht. Walter Kleine und seine zwei Söhne haben lange vorher reserviert. Sorgen machen sie sich nicht.
Walter Kleine, Gast" Ein fantastisch gutes Gefühl - natürlich wichtig, dass man vorsichtig ist und die Vorschriften einhält, aber es macht richtig Spaß. Und wenn man in sein Lieblingsrestaurant gehen darf, ist man total glücklich".
Kai Kleine, Gast" Ich glaube, ich war seit sieben Monaten nicht mehr richtig essen. Und es hat auf jeden Fall gefehlt. Ich habe jetzt nicht den Eindruck, als wäre hier ein großes Infektionsgeschehen und man müsste sich groß Gedanken machen. Ich denke schon, dass die das alles gut im Griff haben. Ich fühle mich auf jeden Fall sicher".
Doch längst nicht alle Gastronomen nehmen an dem Modellprojekt teil. Viele wollen noch abwarten, um dann gegebenenfalls in ein bis zwei Wochen einzusteigen. Für Betriebe, die vor allem von der Außengastronomie leben, lohnt sich der bürokratische Aufwand ohnehin oft nicht. Denn die darf in Schleswig-Holstein schon seit Mitte April wieder auf haben. Das Café "Coffee Fee" auf Föhr nimmt aus anderen Gründen nicht teil.
Mareike Hassold, Café-Besitzerin" Wir nehmen an der Modellregion nicht teil, weil uns das Infektionsrisiko im geschlossenen Raum zu hoch ist. Es ist ja nachgewiesen, dass das in den Räumen wesentlich höher ist - gerade mit der Mutante. Die Tagesgäste, die rüberkommen sind allesamt nicht getestet und deswegen haben wir gesagt, wir machen draußen weiter so wie die Landesverordnung das vorgibt, aber drinnen möchten wir keinen haben".
Das Modellprojekt läuft zunächst bis zum Ende des Monats. Die Region Nordfriesland hat aktuell die niedrigste Sieben-Tage-Inzidenz in Schleswig-Holstein. Überschreitet diese allerdings an drei aufeinanderfolgenden Tagen den Wert von 100, wird das Projekt abgebrochen. Um das zu verhindern, baut Föhr auf eine umfassende Teststrategie.
Jochen Gemeinharft, Geschäftsführer Föhr Tourismus" Wenn die Gäste auf die schöne Insel Föhr kommen, müssen sie natürlich erst mal negativ getestet sein. Da würden wir wirklich alle bitten, vorab zu Hause schon einen Test durchführen zu lassen, um dementsprechend hier auf die Insel zu kommen. Was ganz wichtig ist: Damit ist natürlich die Testung noch nicht beendet. Sondern alle zwei Tage muss man einen neuen Test machen, den man dann dem Vermieter auch vorzeigen muss".
Elf neue Schnelltestzentren hat die Insel Föhr eingerichtet, um genug Testkapazität zu bieten - teilweise auf etwas unkonventionelle Art und Weise wie in diesem Bus auf dem Parkplatz eines Schwimmbads. Das Prozedere ist simpel: online anmelden, Test und Auswertung erfolgen direkt im Bus. Bis zu 350 Tests am Tag sollen möglich sein.
Wissenschaftlich begleitet wird das Modellprojekt von einem Forschungsteam des Universitätsklinikums Hamburg Eppendorf. Die Wissenschaftler wollen analysieren, inwieweit die Positivrate der Schnelltests ansteigt und wo genau sich Urlauber anstecken. Ziel ist es, die gesammelten Daten aus Nordfriesland systematisch auszuwerten und mit den Ergebnissen anderer Modellprojekte zu vergleichen.
Läuft das Modellprojekt erfolgreich, kann es im Juni verlängert werden. Auf der Insel ist man geteilter Meinung, ob das klappt.
Jochen Gemeinharft, Geschäftsführer Föhr Tourismus GmbH" Wenn das alles so ein bisschen entspannt zwischen Gast und Einheimischen läuft, glaube ich können wir auch dafür sorgen, dass über den Mai hinaus Urlaub auf Föhr gemacht werden kann. Aber da gilt es natürlich auch für Jeden - Einheimischen und Gast - irgendwie gut miteinander auszukommen und die Regeln einzuhalten".
Maik Kruse, Restaurantbesitzer" Die vorgegebene Inzidenz von 100 ist meines Erachtens nicht lange haltbar, obwohl sich alle an das Hygienekonzept halten werden - davon gehe ich mal aus. Aber bei zehn Infizierten sind wir schon in einer schwierigen Situation, wo man dann schnell wieder an die Inzidenz von über 100 kommt und dann wird das Modellprojekt vermutlich abgebrochen".
Urlaub an der Nordsee in Zeiten der Pandemie: Der Mai wird zeigen, ob das funktioniert. Zwei Tendenzen machen den Befürwortern Hoffnung: die steigenden Impfzahlen und die aktuell sinkenden Infektionen.